19. September 2023
PV-Freiflächenanlagen als Lösung gegen Bodenversiegelung

Eine Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts belegt, was man allen Ortes sehen kann, wenn man durch Österreich fährt: Die Bodenversiegelung nimmt täglich rasant zu. Bei Energiegewinnung bietet sich Photovoltaik als Lösung an: Sie versiegelt nicht und sorgt sogar für Biodiversität.

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Österreich ist das Land der Bodenversiegelung. Acker- und Wiesenflächen im Ausmaß von elf Hektar, umgerechnet 16 Fußballfelder, werden hierzulande jeden Tag versiegelt. 110.000 Quadratmeter an versickerungsfähigem Boden werden somit täglich zu einer neuen Hitzeinsel umgewandelt – eine Gefährdung „nicht nur der heimischen Lebensmittelproduktion, der Tier- und Pflanzenwelt und des Tourismus“, wie das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) gemeinsam mit der Österreichischen Hagelversicherung in einer Aussendung Mitte September erklärte. Denn „die Verbauung befeuert auch die Auswirkungen von Extremwetterereignissen wie Überschwemmungen. Daher besteht unverzüglicher Handlungsbedarf.“

„Österreich ist Europameister im negativen Sinn“

In der Aussendung wurden die Ergebnisse einer WIFO-Studie zur Bodenversiegelung in Österreich präsentiert. Das traurige Fazit: Überall in der Alpenrepublik werde das Maximum an denkbarem Bodenverbrauch ausgenutzt. „In den seltensten Fällen findet man zumindest Rasenziegel. Noch ineffizienter kann unsere Lebensgrundlage Boden kaum genutzt werden. Österreich ist beim Bodenverbrauch weiter Europameister im negativen Sinn“, heißt es wörtlich von Hagelversicherung und WIFO. Dessen Direktor Gabriel Felbermayr wurde dann konkret: „Es braucht ein umfassendes Maßnahmenbündel von raumplanerischen Vorgaben bis hin zu fiskalischen Instrumenten, um das Bodenverbrauchsziel der österreichischen Bundesregierung von höchstens 2,5 Hektar pro Tag bis 2030 zu erreichen“.

Bodenversiegelung, Gabriel Felbermayr, WIFOWIFO-Direktor Gabriel Felbermayr (Foto: Alexander Müller/WIFO)

Die Studie bestätigt somit einmal mehr, wie wichtig es – insbesondere in Zeiten der Klimakrise – ist, innovative, zukunftsfähige Lösungen zu finden und sich auf allen Ebenen dafür einzusetzen: In Gemeinden, in Ländern im Bund. Und sie bestätigt, wie wichtig es ist, den Photovoltaik-Ausbau voranzutreiben. Denn 2030 ist bekanntlich auch jenes Jahr, bis zu dem laut Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz die jährliche Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien um 27 Terrawattstunden (TWh) gesteigert werden muss, wobei 11 TWh auf die Photovoltaik entfallen soll.

Das Zauberwort dafür: PV-Freiflächenanlagen, ohne deren Ausbau die Klimaziele laut Österreichischer Energieagentur nicht erreicht werden können. Während dieser Ausbau in anderen Ländern bereits vorangetrieben wird, gilt es hierzulande bei der Errichtung eines Solarparks noch regelmäßig, hohe politische und regulative Hürden zu überwinden. Auch in der Bevölkerung herrscht oft Skepsis vor – wobei diese jedoch völlig unbegründet ist.

PV-Freiflächen als neugewonnene Biotope

Denn ein Solarpark leistet nicht nur für einen enorm wichtigen Beitrag zur Energiewende und zum Klimaschutz. Da der Boden bei der Aufstellung einer PV-Freiflächenanlage nicht versiegelt wird, entsteht ein Lebensraum für unterschiedlichste Tier- und Pflanzenarten. Hasen, Brutvögel, Bienen, Schmetterlinge: Sie alle fühlen sich unter und neben von den Anlagen geschützten Bereichen besonders wohl. Mittlerweile belegen sogar Studien, dass Solarparks oft eine überraschend hohe Diversität aufweisen. Heute brachliegende Freiflächen können sich morgen so zu wahren Biotopen entwickeln.

Zudem ist auf den Photovoltaik-Freiflächen die Beweidung, beispielsweise mit Schafen, möglich. Gewisse Nutzpflanzen profitieren darüber hinaus von der solaren Beschattung und gedeihen besser als andernorts. Schließlich bietet sich auf fruchtbaren Flächen auch die Möglichkeit von Agri-PV, also gleichzeitige Nutzung für Landwirtschaft und Stromgewinnung.

Tatsache ist: Um die Energiewende und die Klimaziele zu erreichen, werden wir einen massiven Ausbau von Erneuerbarer Energie benötigen. Und mit Blick auf die WIFO-Studie muss klar sein: Dieser Ausbau darf nicht neue Bodenversiegelung bedeuten. Im Gegenteil. Gabriel Felbermayr bringt es in der Aussendung zur Studie auf den Punkt: „Die Fehler der letzten Jahrzehnte können nicht wieder gut gemacht werden, die Zukunft muss aber anders aussehen.“ Und dem ist mit Sicherheit nichts hinzuzufügen.

✅ TEXT: MICHI REICHELT
✅ FOTOS: ENERY, WIFO