4. Juli 2023
Photovoltaik-Recycling – ja, es geht!

Mit dem zwingend notwendigen Ausbau von Photovoltaik im Kampf gegen die Energie- und Klimakrise wird „echtes“ Recycling von PV-Modulen ein immer größeres Thema. Österreich ist hier mit einem Forschungsprojekt ganz vorne mit dabei.

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Bis zum Jahr 2050 werden laut der Internationalen Organisation für erneuerbare Energien (International Renewable Energy Agency, IRENA) weltweit bis zu 80 Millionen Tonnen an ausgedienten Solarmodulen anfallen. Die Daten für diese Schätzung sind jedoch bereits vor der aktuellen Energiekrise sowie vor der intensiven Bewusstseinsbildung über den menschengemachten Klimawandel erhoben worden – und dürften daher als niedrig anzusehen sein. Immerhin muss es allein in Österreich bis 2030 zur Erreichung der heimischen Klimaziele einen Zuwachs von mindestens 11 Terawattstunden (TWh) an Photovoltaik-Strom geben.

Klar ist: Am intensiven Ausbau von Photovoltaik (PV) führt kein Weg vorbei. Die Zahl der PV-Anlagen wird global deutlich steigen. Muss steigen.

Bleibt die – auf den ersten Blick wohl etwas absurd – klingende Frage: Worin liegt die Zukunft von PV-Module nach ihrer Lebensdauer von 25 bis 30 Jahren? Die – wiederum gar nicht absurde – Antwort darauf lautet nicht nur in Zeiten der Klima- und Energiekrise: In der Wiederverwertung. So fallen Solarpaneele in die EU-Richtlinie WEEE (Waste of Electrical and Electronic Equipment); diese besagt, dass 85 Prozent aller verkauften Module eingesammelt und insgesamt 80 Prozent recycelt werden müssen. Lag dabei der Fokus in der Vergangenheit bei EoL- und defekten PV-Modulen typischerweise darauf, sie in allgemeinen Recyclinganlagen als „normalen“ Glas- und/oder Elektroschrott zu verarbeiten, so konnten zuletzt in Forschung und Entwicklung wichtige Fortschritte in Richtung tatsächlichem PV-Recycling erzielt werden. Auch bei der Rückgewinnung von anderen Modul-Bestandteilen wie Silizium, Aluminium, Silber, Kupfer oder Zinn.

PV-Recycling: Alles forscht

In Deutschland arbeitet das Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik CSP unter anderem an einem Verfahren, das Solarsilizium wieder in den Wertstoffkreislauf zurückzubringen. In Österreich wiederum nahm sich das Österreichische Forschungsinstitut für Chemie und Technik (OFI) gemeinsam mit insgesamt acht Partnern aus Forschung und Industrie, allen voran dem österreichischen Photovoltaikmodul-Herstellers KIOTO Photovoltaics GmbH, des Themas im Forschungsprojekt PVRe² an. Ziel war „die Steigerung der Nachhaltigkeit der Stromerzeugung aus der Photovoltaik durch die Optimierung der Recyclingprozesse von PV-Modulen, die Erhöhung der Recyclingfähigkeit und Verringerung der Umweltbelastung durch PV-Module sowie die Entwicklung von Konzepten zur Reparatur von beschädigten PV-Modulen im Feld“, wie es seitens des Instituts heißt.

ACR Innovationspreis OFI KIOTO

ACR Innovationspreis für OFI und KIOTO für das Forschungsprojekt PVRe² (Foto: CR/APA-Fotoservice/Juhasz)

Kurz: Man entwickelte Methoden, um einerseits die Lebensdauer von PV-Modulen durch innovative Reparaturlösungen zu verlängern und andererseits, durch den Einsatz neuer Materialien, das Recycling einzelner Komponenten zu ermöglichen und so das End-of-Life Management zu optimieren. Ein Solarpaneel ist laut OFI-Projektleiterin Gabriele Eder ein „Multimaterial-Verbund mit vielen verschiedenen Materialien, die wir am besten schichtweise auftrennen müssen, damit wir sie einzeln recyceln können möglichst wieder in einen Materialkreislauf hineinbringen“. Mittels Nahinfrarot-Spektrometer konnte ein Verfahren zur zerstörungsfreien Materialidentifikation entwickelt werden.

Milliarden aus Recycling

In PVRe2 wurde in den Jahren 2018 bis 2021 zudem nach neuen Materialien für die Einkapselung der Solarzellen, also jene polymeren Schichten, die Solarzellen umgeben und beispielsweise als Schutz vor Witterungseinflüssen dienen, geforscht. Beispielsweise entwickelte man Stoffe, die keine störende Essigsäure produzieren, welche Zellen korrodieren lässt: „Unsere Forschungsergebnisse sind direkt in die Produktentwicklung eingeflossen“, so Eder. Das Projekt zum PV-Recycling erhielt 2022 den Innovationspreis der ACR (ACR – Austrian Cooperative Research), die diesen jährlich gemeinsam mit dem Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft vergibt.

Letzteres ist aus gutem Grund hier mit dabei: Was man nämlich ganz profan nicht außer Acht lassen sollte: Im PV-Recycling liegt Geld. Viel Geld. IRENA prognostiziert für 2050 einen Gesamtwert von bis zu 15 Milliarden US-Dollar für technisch verwertbare Rohstoffe aus PV-Paneelen. Zudem entstehen durch das relativ neue und immer größere werdende Feld des Photovoltaik-Recyclings neue Industriezweige mit einer Vielzahl an Arbeitsplätzen. Und das ist neben dem umwelt- und klimatechnischen Aspekt ein weiterer Grund, positiv in die Zukunft zu blicken. Photovoltaik sei Dank!

✅ TEXT: MICHI REICHELT
✅ FOTOS: UNSPLASH, ACR/APA-Fotoservice/Juhasz