2. November 2021
Studie belegt: 85 Prozent der Weltbevölkerung ist vom Klimawandel betroffen!

Eine aktuelle Klima-Studie des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) zeigt, wie weit wir tatsächlich in der Klimakrise stecken. Demnach spüren bereits 85 Prozent der Menschen rund um den Globus die Auswirkungen des ökologischen Wandels. PV gilt als großer Hoffnungsträger, um dem entgegenzuwirken.

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Es war der US-amerikanische Klimaforscher David Keeling, der ab 1958 anfing, den Kohlendioxidgehalt in der Luft in regelmäßigen Abständen zu messen. Und das nicht irgendwo, sondern auf mehr als 3.300 Höhenmeter, abseits von Industrie und Verkehr, an der Nordflanke des Vulkans Mauna Loa auf Hawaii. Laut dem Forscher der optimale Standort, da dort die Luft kaum durch lokale Einflüsse der Vegetation oder Menschen beeinträchtigt wird. Die CO2-Konzentration lag damals noch bei rund 315 ppm (Teilchen pro Million Teilchen). Vergangenen April wurde mit einer Konzentration von über 420 ppm ein neuer Höchstwert erreicht.

Der Klimawandel schreitet also mit großen Schritten voran. Und macht sich rund um den Erdball bereits bemerkbar: Gebirgsgletscher und polares Eis schmelzen, der Meeresspiegel steigt an, Wetterextreme nehmen zu, erste Schäden an Ökosystemen werden erkannt. Die Klimakrise steht also zu Recht auf der Agenda wichtiger politischer Diskussionen und Forschungsarbeiten – egal, ob in Österreich oder auf internationaler Ebene. Doch wer trägt eigentlich wofür die Schuld? Um genau das herauszufinden, wurden in den letzten Jahren zahlreiche Studien veröffentlicht, die sich mit den vielen Facetten des Klimasystems auseinandersetzen.

Zu viel Information, zu wenig Zusammenhänge

Die Zusammenhänge einzelner Forschungsarbeiten herauszuarbeiten, ist bei der Anzahl veröffentlichter Dokumente allerdings alles andere als ein leichtes Unterfangen. „Seit dem ersten Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC) im Jahr 1990 schätzen wir, dass die Zahl der pro Jahr veröffentlichten Studien zu beobachteten Klimafolgen um mehr als zwei Größenordnungen zugenommen hat“, beklagen WissenschafterInnen in einem aktuellen Paper. Angesichts der Flut an wissenschaftlichen Arbeiten ist es für ExpertInnen also nahezu unmöglich, einen Überblick über die Gesamtsituation zu gewinnen. Außer man bedient sich nicht-menschlicher Unterstützung – wie etwa das Team rund um Max Callaghan vom Berliner Klimaforschungsinstituts MCC.

Eine Klima-Studie mit intelligenter Unterstützung

Das Forscherteam vergrub sich nämlich nicht selbst in die Lektüre komplexer Dokumente. Vielmehr überließ es die aufwendige Literaturrecherche und Analyse einer Künstlichen Intelligenz (KI). Konkret setzten die ForscherInnen auf BERT (Bidirectional Encoder Representations from Transformers) – einem KI-Tool zur Deep-Learning-Sprachanalyse, das bereits 2018 von Google vorgestellt und mittlerweile erheblich weiterentwickelt wurde.

BERTs Aufgabe bestand darin, mehr als 100.000 wissenschaftliche Klima-Studien zu identifizieren, zu klassifizieren und weitergehend den Klimawandel detailliert zu beschreiben. BERT erfasste zudem, auf welche Regionen sich die jeweiligen Ergebnisse der Studien bezogen. Dies glichen die ForscherInnen wiederum mit weiteren Daten zu Temperatur- und Niederschlagstrends ab. Die gewonnen Daten wurden auf einer Weltkarte zusammengefasst, die zeigen soll, in welchen Regionen die Auswirkungen des menschengemachten Klimawandels bereits deutlich zu spüren sind. Und in welchen eben noch nicht.

Klimawandel als drängendstes Menschheitsproblem

Was dabei rauskam, stimmt nachdenklich: 80 Prozent der globalen Landflächen – die Antarktis ausgenommen – haben BERT zufolge mit den Folgen des Klimawandels zu kämpfen. Gut 85 Prozent der Weltbevölkerung sind demnach von den Veränderungen betroffen. Sprich: In einigen Regionen kommt es häufiger zu extremen Wetterereignissen und zunehmenden Niederschlägen, während andernorts verstärkt extreme Hitzewellen und Dürren auftreten. „Unsere Studie lässt keinen Zweifel daran, dass die Klimakrise bereits fast überall auf der Welt zu spüren ist“, warnt Max Callaghan, Postdoc in der MCC-Arbeitsgruppe Angewandte Nachhaltigkeitsforschung und Leitautor der Klima-Studie.

Extremwetterereignisse wie Starkregen, Hitzewellen und Kälteeinbrüche zählen zu den erwarteten Folgen des Klimawandels.

Klima-Studie deckt regionale Datenlücken auf

Laut veröffentlichter Klima-Studie zeichnen sich vor allem in Westeuropa, Nordamerika sowie Süd- und Ostasien klimabedingte Veränderungen in der Natur ab. Doch was ist mit Afrika oder Südamerika? Bleiben die Menschen dort etwa vor der Klimakrise verschont? Nicht ganz. „Unsere Ergebnisse offenbaren eine erhebliche Kluft“, erklärt das Forscherteam. Und weiter: „Robuste Belege für potenziell auf den menschengemachten Klimawandel zurückzuführende Auswirkungen sind für Länder mit hohem Einkommen doppelt so häufig wie für Länder mit niedrigem Einkommen.“ Diese Lücken gilt es freilich noch zu schließen. „Letztendlich hoffen wir, dass unsere Methode dazu beitragen wird, die Auswirkungen des Klimawandels auf bestimmte Systeme oder geografische Regionen klarer darzustellen“, so die ForscherInnen.

Wie sehen die nächsten Schritte aus?

Klar, für die Erkenntnis, dass der Klimawandel ein gewaltiges Problem darstellt, braucht es nicht unbedingt eine smarte KI. Das wissen wir doch ohnehin schon. Dass es allerdings annähernd die gesamte Weltbevölkerung betrifft, ist freilich bedrückend. Angesichts weltweit zunehmender Folgen der Erderwärmung muss also schnell gehandelt werden.

Und ExpertInnen sind sich einig: Um den Klimawandel tatsächlich einzudämmen und einen weiteren Temperaturanstieg zu verhindern, ist vor allem der Übergang von fossilen zu regenerativen Energiequellen wie Sonne oder Wind unabdingbar. Vor allem das Potenzial der Photovoltaik ist dabei groß. Schließlich ist die Sonne eine unerschöpfliche und kostenlose Energiequelle. In Österreich liegt die mittlere jährliche Sonneneinstrahlung bei 1.000 kWh pro Quadratmeter. Das ist zwar nur die Hälfte der Solarenergiemenge, die auf die Sahara trifft, aber entspricht einer Energiemenge von 100 Litern Öl. Und diese Energiemenge reicht aus, um Solarenergie zu einer tragenden Säule der österreichischen Energieversorgung auszubauen.

Stichwort: Erneuerbaren-Ausbau. Ziel ist es, dass Österreichs Strombedarf bis zum Jahr 2030 rein rechnerisch zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden kann. Bleibt also nur zu hoffen, dass schon bald unzählige solare Grünstromerzeuger auf Äcker und Dächer gepflanzt werden. Denn die Energiewende muss geschafft werden, und das geht eben am besten mit der Kraft der Sonne.

✅ TEXT: SANDRA RAINER
✅ FOTOS: UNSPLASH / Li-An Lim; UNSPLASH / Matt Palmer