29. Juni 2021
Summ, summ! Bienen summen in Solarparks herum

Es duftet nach Blumen, Vögel zwitschern, Insekten summen – und das alles inmitten eines Solarparks. Denn: Photovoltaik-Freiflächenanlagen werden immer häufiger zur wichtigen Futter- und Schutzquelle kleiner, fleißiger Bienen.

Summ, summ! Bienen summen in Solarparks  herum- Image

Stellen wir uns doch einmal folgendes Schreckensszenario vor: Wir gehen einkaufen, aber anstatt der gewohnt prall gefüllten Supermarktregale erwartet uns – nichts. Keine Äpfel oder Himbeeren, kein Salat, keine Erdbeermarmelade und auch kein Honig. So oder so ähnlich würde es wohl aussehen, wenn es keine Bienen mehr geben würde. Denn laut dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) werden von den hundert Nutzpflanzen, die über 90 Prozent der weltweiten Ernährung sicherstellen, mehr als siebzig von den fleißigen Insekten bestäubt.

Ein Aussterben der summenden Tierchen hätte also fatale Folgen. Der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft, eintönige Monokulturen und der Verlust des natürlichen Lebensraums machen den Bienen jedoch immer mehr zu schaffen. Nicht zu vergessen: der Klimawandel. Vorgezogene Blütenphasen und extreme Änderungen im Temperaturverlauf machen die Insekten immer anfälliger für bedrohliche Parasiten, Krankheiten und schlechten Umweltbedingungen. Der burgenländische Imker Thomas Fandl betreut über 200 Bienenvölker in Österreich und kennt das Problem: „Das Klima wird einfach immer härter. Die ungewöhnlich kühlen Temperaturen im Mai dieses Jahres sind der beste Beweis dafür.“

Der Klimawandel und seine Folgen

Wo liegt das Problem? Blüten treiben erst dann aus, wenn es warm genug ist. Bei unerwartet niedrigen Temperaturen blühen Apfelbäume und Co. daher nur spärlich – das Bestäuben durch die Bienen verzögert sich. Und die kleinen Brummer finden in der Folge kein ausreichendes Futterangebot. Also: Die Klimawende muss rasch vorangetrieben werden. Expert*innen glauben nun, etwas gefunden zu haben, das die Ansiedelung neuer Bienen erleichtern und unser Klima schützen könnte. Und zwar: möglichst viele Bienenvölker züchten und mit wilder Natur glücklich machen. Interessant dabei: Solarparks können hier eine besonders wichtige Rolle einnehmen.


Imker Thomas Fandl weiß, wann und wie sich fleißige Bienen in Solarparks besonders wohl fühlen.

Mit Solarparks das Bienensterben aufhalten?

Mithilfe von Solarparks sollen zusätzliche Lebensräume für Bienen geschaffen werden.  Das Potenzial ist laut Imker Fandl groß. Schon in der Vergangenheit entpuppten sich Freiflächenanlagen immer wieder als idealer Hotspot für bestäubungsfreundliche Pflanzen. Sprich: In Solarparks angesiedelten Bienen steht zu jeder Zeit genügend Flugbenzin in Form von verschiedenen Zuckerarten im Nektar zur Verfügung, den sie auch bei lokalen Nutzpflanzen abstauben können. Experte Thomas Fandl weiß, worauf Photovoltaik-Anlagenbesitzer*innen bei der Ansiedelung von Bienen achten müssen und wie sie in Zukunft nicht nur die Umwelt schützen, sondern auch zu echten Bienenretter*innen werden.

1. Die Wahl des richtigen Standorts

Wichtigste Frage: Wohin mit den Bienen in den Solarparks? Am besten werden die Bienenbeuten – so werden die Behausungen der herzigen Bienchen genannt – unter den Paneelen platziert. „Halb Schatten, halb Sonne wäre natürlich ideal“, so der Experte. Morgens werden sie am liebsten von der Sonne geweckt, und im heißen Sommer stehen sie am Nachmittag am besten kühl im Schatten.

Aufgrund der schwarzen Solarplatte kommt es unter den Paneelen jedenfalls zu einem anderen Mikroklima. Die Sonnenkollektoren werfen Schatten, und diese wirken sich wiederum auf Lufttemperatur, Niederschlag und Verdunstung aus. Sprich: Es ist wärmer und trockener.„Optimale Bedingungen für Bienen“, so Fandl. Die Arbeiterbienchen gehen bei diesem Klima zumindest viel früher auf Pollenjagd und fliegen zusätzlich noch viel länger aus. Die kleinen Insekten sind also noch fleißiger – das wirkt sich freilich auf die Honigausbeute aus.

2. Bodenangepasste Biodiversitätsflächen

Wer in Zukunft mehr Summen und Brummen in und um Solarfarmen hören möchte, sollte auf alle Fälle auf die richtige Bepflanzung der Zwischenräume achten. Schließlich lockt eine blühende Vegetation nicht nur Bienen, sondern auch viele weitere Insektenarten an. Expertentipp: Ein guter Bienenstandort verfügt über ein breites Trachtband, also eine gute Mischung aus verschiedenen Pflanzen, sodass ein Volk das gesamte Bienenjahr hindurch stets Nahrung findet. Bienen können zwar bis zu fünf Kilometer zurücklegen, laut Fandl sollte der laufende Bedarf für die Ernährung des Bienenvolkes jedoch möglichst nah gedeckt werden.Je ergiebiger die blühenden Pflanzen unter den Modulen also sind, desto besser. Dafür eignet sich laut dem Imker am besten eine Biodiversitätsmischung – also eine insektenblütige Mischung zur Anlage von Biodiversitätsflächen.

3. Auf die Pflege kommt es an

Die benötigte Biodiversität unter den Solarmodulen kann mithilfe der richtigen Pflege maßgeblich gefördert werden. Gerade deshalb ist es sinnvoll, Grünflächen in den Zwischenräumen der Modulreihen in regelmäßigen Abständen zu mähen. Aber Vorsicht: Mäharbeiten sollten besser von erfahrenen Imker*innen durchgeführt werden. Denn durch mögliche Vibrationen des Rasenmähers könnte sich das Bienenvolk bedroht fühlen und im schlimmsten Fall Menschen attackieren. Laut dem Imker sind auch Wartungsarbeiten nahe den Bienenstöcken kein Problem. Wer jedoch auf Nummer sicher gehen möchte, sollte die Behausung der Bienen zwar im Solarpark, aber dennoch abgeschirmt von den Modulen aufstellen.


Bevor Bienen in Solarparks angesiedelt werden können …
… müssen einige Voraussetzungen gegeben sein.

4. Sichtschutz als natürliche Nahrungsquelle

Blühende Hecken sind ein beliebter Sichtschutz für Freiflächenanlagen. Aber wussten Sie, dass diese auch eine wichtige Nahrungsquelle für Bienen und andere kleine Lebewesen darstellen? Besonders Haselnusssträucher sind bei Imker*innen beliebt. Schließlich ist dieser aufrecht wachsende Strauch im Frühjahr eine der ersten wichtigen Nahrungsquellen für Honigbienen. Der Pollen dient dabei als Aufbautracht zur Fütterung der Brut und folglich der Entwicklung des Volkes. Hecken sorgen aber nicht nur für genügend Nahrung, sie können Bienen zusätzlich vor starkem Windaufkommen schützen. Wird eine bestimmte Windgeschwindigkeit erreicht, schaffen es die Bienen einfach nicht mehr zurück oder fliegen gar nicht aus. Ein natürlicher Sichtschutz sieht also nicht nur gut aus – er sichert den kleinen Tierchen auch ihr Überleben.

5. Tage der offenen Tür für Imker*innen

Ganz klar: Ohne Imker*innen läuft nichts. Diese sind schließlich für die Betreuung und Vermehrung einzelner Bienenvölker verantwortlich. Handwerkliches Geschick ist allemal von Vorteil, denn Bienenstöcke zu bauen oder zu reparieren gehört ebenfalls zum Aufgabenbereich von Bienenzüchter*innen. Im April beginnt für Bienen und Imker*innen die Hochsaison. Diese dauert im Durchschnitt bis Mitte Juni – je nach Wetterlage. Während dieser Zeit müssen Imkerinnen und Imker ungefähr einmal pro Woche auf das PV-Gelände, um bei den Bienenstöcken nach dem Rechten zu sehen. Eine gute erreichbare Zufahrt wäre hier also auf jeden Fall von Vorteil.

Fazit:

Insekten wie Honig- und Wildbienen sind wichtige Bestäuber und sichern uns dadurch die Blütenvielfalt und in der Folge auch den Fruchtgenuss von vielen Pflanzen, die wir täglich essen. Durch die Ansiedelung ganzer Bienenvölker inmitten eines Solarparks werden Umwelt- und Artenschutz optimal miteinander kombiniert. Und mit diesen fünf Tipps kann auch wirklich nichts mehr schief gehen. Na dann: Lasset das Summen beginnen!

✅ TEXT: SANDRA RAINER
✅ FOTOS: UNSPLASH/ Simon Berger