13. Juni 2023
Integrierte PV: Innovative Lösungen für die Klimaziele

Um die Klimaziele bis 2030 zu erreichen, ist der Ausbau von Photovoltaik in Österreich unerlässlich. Für Expertinnen und Experten steht fest, dass dafür Dach- und Spezialflächen nicht ausreichen werden. Integrierte Photovoltaik gewinnt daher immer mehr an Bedeutung – und punktet mit innovativen Ideen, Synergie und Effizienz.

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Sie ist im besten Fall „unsichtbar“: Integrierte Photovoltaik. Also Solarpaneele, die in bereits bestehende Infrastruktur eingebaut werden und damit kaum mehr als PV-Module erkennbar sind. Oder im Gegenteil ganz bewusst als Designelement offen zur Schau gestellt werden. Kurz: Die Module werden in Bauwerken, Fahrzeugen, Verkehrswegen, auf Wasserflächen, auf Äckern und Feldern integriert. Und ermöglichen so auf dem Weg zur Erreichung der heimischen Klimaziele nicht nur höchstmögliche Effizienz, sondern auch Synergieeffekte.

Schutzfunktion & Kostenreduktion inklusive Design

Der Vorteil der Integration von Photovoltaik in Bauwerken oder Fahrzeugen liegt jedenfalls auf der Hand. Aufgrund der bereits vorhandenen Montagefläche ist der Materialverbrauch gering. Und mit ihm sinken auch die Installationskosten. Gerade in Zeiten der Teuerung ein gewichtiges Argument. Zudem wird die Energie im unmittelbaren Umfeld des Verbrauchs erzeugt, was wiederum zur Entlastung des Stromnetzes und der Ladeinfrastruktur führt.

Laut dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE sind mit fahrzeugintegrierter Photovoltaik (engl. „Vehicle Integrated Photovoltaics“, VIPV) Reichweitenverlängerungen von mehreren Kilometern pro Tag erreichbar. Doch auch hier gibt es neben der Effizienz der E-Mobilität entscheidende Zusatzbenefits: So kann die Energie beispielsweise in Kühlfahrzeugen für die Kühlung genutzt werden. Ein weiterer Aspekt für potenziell Interessierte: Das Design. VIPV kann aufgrund innovativer Optik zu einem entscheidenden Verkaufsargument von Fahrzeugen werden, wobei die Integration natürlich nicht auf PKW und LKW beschränkt ist. Auch Wohnmobile, Lastenfahrräder und öffentlicher Verkehrsmittel können dafür genutzt werden.

Die Synergieeffekte von bauwerkintegrierter Photovoltaik (BIPV) liegen sogar noch über jenen bei VIPV. Solarpaneele übernehmen bei Gebäuden sogar die Funktion eine zusätzlichen Schutzfunktion: gegen Sonneneinstrahlung, Lärm, Wind und Wetter – sowie gegen Einblicke von außen. Auch als Wärmedämmung eignen sich PV-Module. Diese werden in Dächer und Fassaden integriert und sorgen so für zahlreiche architektonische Gestaltungsmöglichkeiten; dabei ist der Aufwand für die Integration insbesondere bei verglasten Flächen ein geringer. Städte und Gemeinden haben hier die prestigeträchtige Möglichkeit, bei öffentlichen Gebäuden mit gutem Beispiel vorangehen. In Wien etwa bietet sich der flächendeckende gemeinnützige, städtische Wohnbau als großes Potenzial für BIPV an.

Integrierte PV am Parkplatz

Urbane Photovoltaik kann für Beschattung von bereits versiegelten Flächen sorgen und so Hitzeinseln entschärfen

Neugestaltung des öffentlichen Raums

Stichwort Gemeinde und Städte: Eine weitere Anwendungsmöglichkeit für integrierte PV stellt der öffentliche Raum dar. Versiegelte Flächen wie Kfz-Parkplätze, „Hitzeinseln“ oder Sportanlagen können mittels Photovoltaik-Anlagen beschattet oder als W-Lan-, Mobilfunk- oder E-Ladeinfrastruktur genutzt werden. Unattraktive Asphaltflächen erhalten optische Aufwertung, Design und Funktionalität können die Umgebung neugestalten und für die Bevölkerung deutlich aufwerten. Im öffentlichen Raum stehen auch zahlreiche Verkehrswege zur Verfügung – bisher ohne zusätzliche Nutzung. Die RIPV („Road Integrated Photovoltaics“) bietet hier zahlreiche Chancen, auf Straßen, Fußwegen und Plätzen sowie auf Schienenwegen. Lärmschutzwände, Seitenstreifen oder Überdachungen sind dabei ebenso mit Solarpaneelen bestückbar wie Schienenbereiche. Mit großflächigen PV-Überdachungen von Radwegen könnte nicht nur der Belag, sondern vor allem die Fahrenden vor Sonneneinstrahlung geschützt werden.

Schwimmende Photovoltaik (FPV, „Floating Photovoltaics“) bezeichnen Anlagen auf Gewässern, die auf den ersten Blick einen entscheidenden Vorteil mit sich bringen: Aufgrund der Kühlung durch das Wasser weisen sie eine höhere Stromproduktion auf. Der Mehraufwand bei Montage und Service sowie der bestehende Gewässerschutz und die damit verbundenen Materialeinschränkungen erhöhen jedoch auch die Kosten für derartige Anlagen.

27 GWp Potenzial für Agri-PV

In doppeltem Sinn weitaus günstiger ist da Agri-Photovoltaik (APV), die gleichzeitige, optimierte Nutzung von Flächen für Landwirtschaft und Solarstromproduktion. Agri-PV steigert die Flächeneffizienz und ermöglicht Photovoltaik bei gleichzeitigem Erhalt von Ackerflächen – bis hin zur Schaffung von Biotopen. Ein bisher wenig beachteter Zusatznutzen besteht in der Schutzfunktion von Photovoltaik-Anlagen auf landwirtschaftlichen Flächen: So fungieren die Paneele als Hagel-, Frost- und Dürreschutz, wobei beidseitig PV-aktive Solarmodule zusätzlich in Zäunen installiert werden können.

Aufgrund der zur Verfügung stehenden Flächen ergibt sich für Österreich laut Bundesverband Photovoltaic Austria (PV Austria) ein Potenzial von mehr als 27 Gigawatt Peak (GWp). Ein weiterer Vorteil: Die Installation von APV ist deutlich günstiger als jene „kleiner“ PV-Dachanlagen. Die innovativen Möglichkeiten an der Integration von PV-Lösungen sind vorhanden, nun geht es daran, diese umzusetzen, wie auch die Österreichische Energieagentur und die Erneuerbaren-Vertreter:innen zuletzt in einer gemeinsamen Aussendung betonten. Für das Erreichen der Ziele bei Klima und Energie sei die Zusammenarbeit auf allen Ebenen unabdingbar.

Vera Immitzer, Geschäftsführerin PV Austria, erklärte dementsprechend: „Wir brauchen fitte Landesgesetze für PV auf Gebäuden und Infrastruktur, geeignete Flächen für Großprojekte und leistungsfähige Stromnetze. Doch die meisten Bundesländer agieren trotz hoher Ziele scheinbar planlos. Bei den Voraussetzungen für Großprojekte haben sie noch blinde Flecken und riskieren damit einen abrupten Abbruch der aktuellen PV-Dynamik. Und das, obwohl es nur noch sieben Jahre bis 2030 sind!”

✅ TEXT: MICHI REICHELT
✅ FOTOS: UNSPLASH