22. November 2022
Jetzt wird im bunten Glashaus Sonnenstrom geerntet

Auf einer Fläche Gemüse und Obst anbauen, sauberen Strom produzieren und Betriebskosten senken – genau das ist möglich, wenn Photovoltaikmodule direkt auf Gewächshäuser gepflanzt werden. Dank optimierten optischen Systemen sollen Pflanzen nun ganz ohne Einschränkungen gedeihen.

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Unten wachsen Pflanzen, darüber erzeugen Solarmodule erneuerbaren Strom: Agri-Photovoltaik entpuppt sich bereits seit einiger Zeit als echte Win-win-Situation für Landwirt:innen, Umweltschützer:innen und Energieerzeuger:innen. Großes Potenzial sehen einige Expert:innen dabei auch in Gewächshäusern. Diese sorgen zwar dafür, dass frisches Obst und Gemüse das ganze Jahr geerntet werden können, mit einer guten Umweltbilanz können Glashäuser allerdings nicht punkten.

Energiefresser Glashaus?

Beispiel gefällig? Wer etwa außerhalb der Saison Tomaten essen will, muss das Gewächshaus im Winter frostfrei halten. Mit der Beheizung und auch Belichtung der Häuser wächst aber gleichzeitig auch der Energieverbrauch. Wer nun also auf die Umwelt achtet, sollte im Winter lieber auf einige Obst- und Gemüsesorten verzichten, oder? Nicht ganz. Es geht nämlich auch anders. Denn effektive Solaranlagen auf oder in Gewächshäusern machen eine nachhaltige Ernte tatsächlich möglich. Doch rauben Photovoltaikmodule Pflanzen nicht das benötigte Licht, sodass diese erst gar nicht gedeihen können? Geht es nach dem Schweizer Start-up Voltiris, steht einer nachhaltigen Stromerzeugung, die den Ertrag der unter den Modulen platzierten Gewächshauskulturen nicht beeinträchtigt, nichts im Weg. Bunte Solarmodule machen es möglich.

Im Einklang mit der Natur

Wir wissen: Jede Pflanze braucht Sonnenlicht zum Wachsen. Genauer gesagt, benötigen sie allerdings nur knapp fünfzig Prozent des Lichtspektrums, um den Vorgang der Photosynthese anzukurbeln. Dabei spielen vor allem blaue und rote Wellenlängen eine wichtige Rolle. Zur Erklärung: Blaues Licht produziert gesündere und nährstoffreichere Pflanzen, rotes Licht sorgt für einen immensen Wachstumsschub. Hochmoderne Solarmodule von Voltiris bieten nun genau diese „für die Pflanzenproduktion spezifische Spektralfilterung in Verbindung mit photovoltaischer Leistung“, wie es in der offiziellen Produktbeschreibung heißt.

Und so funktioniert’s: Spezielle Filter in den Grünstromerzeugern sorgen dafür, dass blaues und rotes Licht durch die Module durchscheint und zu den darunterliegenden lichthungrigen Gewächsen gelangt. Restliche Wellenlängen – also Grün und nahes Infrarot – werden wiederum für die Stromerzeugung genutzt. Möglich wird das durch dichroitische Spiegel, also Spiegel, die nur einen Teil des Lichtspektrums reflektieren und den Rest durchlassen. Sie trennen dabei das einfallende Licht nach Wellenlänge und somit eben nach Farbe. Die Ernte im Glashaus wird durch angebrachte Solarmodule also zu keiner Zeit eingeschränkt.

Glashaus Sonnenstrom

Dank spezieller Filter in den Grünstromerzeugern können im Glashaus sowohl Sonnenstrom als auch Tomaten und Co. erfolgreich geerntet werden.

Dynamische Ausrichtung = bessere Stromausbeute

Neben farboptimierten Photovoltaikmodulen soll eine ausgeklügelte Nachführeinrichtung für mehr Solarstrom sorgen. Diese soll nämlich dafür sorgen, dass die Zeitspanne, in der das System Solarstrom erzeugen kann, um 40 Prozent verlängert wird und das System ähnliche Erträge wie herkömmliche Solarmodule erzielen kann – obwohl nur die Hälfte der Lichtwellen genutzt wird.

Was bringen bunte Solarmodule tatsächlich?

Abgesehen davon, dass bunte Module ein echter Hingucker sind, bieten sie natürlich viele weitere Vorteile. Bereits anderweitig genutzte Flächen können sinnvoll zur nachhaltigen Stromproduktion genutzt werden. Zudem kann der produzierte Grünstrom weitergehend für Anwendungen im Gewächshaus genutzt werden, sodass der CO2-Fußabdruck und die Betriebskosten der Glashäuser erheblich reduziert werden können. Laut Angaben des Unternehmens können je nach Heizsystem 60 bis 100 Prozent des Energiebedarfs gedeckt werden. Um die Anbausituation für Obst und Gemüse weiter zu verbessern, will Voltiris das spezielle Glas noch weiter an die Bedürfnisse der jeweiligen Pflanzen anpassen. Und dann dürfen wir auch im Winter Tomaten, Gurken und Co. ganz ohne schlechtes Gewissen genießen.

✅ TEXT: Sandra Rainer
✅ FOTOS: UNSPLASH/www.zanda. photography; Voltiris