28. März 2023
Solar-to-X: Wenn die Sonne zur Hauptenergiequelle wird

Kann Europa das Null-Emissionsziel bis 2050 erreichen? Oder schafft es die EU bereits bis 2040? Einer aktuellen Studie zufolge wäre dieses Vorhaben tatsächlich möglich – vorausgesetzt die Photovoltaik wird zentrales Element eines neuen Energiesystems.

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Wie steht es eigentlich um unser Klima? Ist die Energiewende noch schaffbar? Die Antwort: Ja. Das zeigt jedenfalls der jüngste Bericht des Weltklimarats IPCC. Eine „Klima-Apokalypse“ sei demnach noch vermeidbar. Zwar steuert der Planet aktuell auf rund drei Grad Erwärmung zu, dennoch sind wir noch in der Lage, den Kurs zu ändern und die fatalen Folgen des Klimawandels zu minimieren. „Wir können noch eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft für alle sicherstellen“, sagt dazu Hoesung Lee, der Vorsitzende des Weltklimarates.

Was aber muss passieren, um die Klimakrise zu stoppen? Geht es nach Energieexpert:innen rund um den Globus, so gelingt das vor allem durch die unvermeidliche Reduktion der Treibhausgas-Emissionen. Zur Info: Österreichs Treibhausgase stammen zum größten Teil aus der Verbrennung von Erdöl, Erdgas und Kohle. Demnach braucht es eben eine radikale Trendwende in der Gewinnung von Energie. Um das Ziel der Klimaneutralität Europas möglichst bald zu erreichen, muss in Europa dabei primär auf die Gewinnung von Sonnenenergie gesetzt werden – auch in den Bereichen Wärme und Mobilität. Das zeigen neue Forschungsergebnisse der Lappeenranta University of Technology (LUT) in Finnland.

Was ist eine „Solar-to-X-Wirtschaft“?

Die Forschenden der Universität untersuchten in ihrer Arbeit, unter welchen Umständen ein Null-Emissionsziel schon relativ zeitnah erreicht werden kann. Sie fanden dabei heraus, dass hier die Photovoltaik das gesamte Energiesystem des Kontinents in eine sogenannte „Solar-to-X-Wirtschaft“ verwandeln könnte. Sprich: Ein komplett solares System soll in Zukunft eine klimaneutrale Energieversorgung ermöglichen. Christian Breyer, Professor für Solarwirtschaft an der LUT, erklärt gegenüber dem pv magazine: „Energetische Souveränität ist für Europa möglich und endlich eine gesellschaftliche Entscheidung.“ Die Ergebnisse des finnischen Teams betonen dabei auch, dass die Photovoltaik eine tragende Säule eines Energiesystems werden sollte, in dem der produzierte Grünstrom vor allem in den Wärme- und Mobilitätssektor fließt.

Solar-to-X

Für eine optimal funktionierende Solar-to-X-Wirtschaft, muss ein perfektes Zusammenspiel von Sonne, Wind, Batteriespeichern, Elektrolyseuren und Wärmepumpen gegeben sein.

Null-Emission-Szenario schon bald Realität?

Ziel der Erhebung war also die Definition der Rolle der Solarenergie für die europäische Energiewende in einem internationalen Zusammenhang. Als Grundlage diente dabei das sogenannte „LUT Energy System Transition Model“. Dieses berücksichtigt den Wärme- und Energiebedarf von Haushalten, Gewerbe und Industrie sowie den des Verkehrssektors. Darüber hinaus flossen in die Berechnungen auch die energiebedingten CO₂-Emissionen, also jene, die bei der Energiegewinnung entstehen, ein.

Eine vollständige Versorgung Europas mit erneuerbaren Energiequellen sei laut den Forschenden bereits bis 2040 möglich. Solarstrom wäre 2050 jedenfalls mit einem Anteil von bis zu 56 Prozent am gesamten Primärenergiebedarf und bis zu 63 Prozent der gesamten Stromerzeugung die größte Energiequelle in Europa. Geht es um die Kosten für den erforderlichen Umbau der Energiewirtschaft, so seien diese allerdings um 8,5 Prozent höher als bei der Erreichung des Null-Emissionsziels im Jahr 2050.

Ein perfektes Zusammenspiel

Eine erfolgreiche Umwandlung zur grünen Energielandschaft hängt aber laut den aktuellen Ergebnissen nicht nur vom alleinigen Umstieg auf Sonnenergie ab, sondern vom optimalen Zusammenspiel von Sonne, Wind, Batteriespeichern, Elektrolyseuren und Wärmepumpen.

Ob Europa bereits bis 2040 vollständig grün sein wird, steht bis dato noch in den Sternen geschrieben. Es ist bei einer tatsächlichen Umgestaltung des Energiesystems allerdings möglich. Bis es soweit ist, müssen wir uns aber ohnehin noch ein wenig gedulden …

✅ TEXT: SANDRA RAINER
✅ FOTOS: UNSPLASH I Federico Respini; UNSPLASH I Karsten Würth