11. Mai 2021
Floating-PV: Wenn der grüne Strom baden geht

Es sieht so aus, als würde der Sommer gerade in Sachen Sonnenstrom mächtig heiß werden! In ganz Europa wird über Photovoltaik auf dem Wasser, die so genannte Floating-PV, nicht nur nachgedacht. Schwimmende Sonnenpaneele sollen als zusätzliche Flächen die saubere Energiegewinnung vorantreiben. Ob sich ein Sprung ins kalte Wasser wirklich lohnt?

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Eines gleich vorweg: Nein, die Photovoltaik geht keineswegs baden. Vielmehr lernt sie – vielleicht –  gerade schwimmen! Tatsächlich wird derzeit Photovoltaik auf dem Wasser(Floating-PV) immer intensiver getestet und forciert. Tatsache also ist: Die schwimmenden Solar-Anlagen bringen die Energiewelt zwar in Schwung, ein kompletter Sprung ins Wasser ist in Österreich jedoch eher unwahrscheinlich. Aber dazu später.

Floating-PV als spannender Weg?

Derzeit bauen Versorger weltweit ganze Solarparks auf die Wasseroberfläche von Seen und Teichen. Ihre Hoffnung: Die benötigte Energie für die angestrebte Energiewende aufbringen zu können. Spitzenreiter ist ganz eindeutig Asien. Kein Wunder, ist doch in China das größte schwimmende Solarkraftwerk der Welt ans Netz gegangen. Seine unglaubliche Leistung: 40 Millionen Watt. Und auch Europa springt auf das Schiff der Photovoltaik auf dem Wasser auf: In den Niederlanden entstand 2020 ein 24,7-Megawatt-Solarpark. Im Oktober 2019 ging in Südfrankreich die damals größte schwimmende PV-Anlage Europas in Betrieb. Alles nach dem Motto: Wasser, marsch!

Und obwohl auch Österreich mit einer Vielzahl an potenziellen Wasserstandorten glänzen kann – schließlich sind wir das Land der Seen –, wird hierzulande eher auf die herkömmliche Energiegewinnung gesetzt: die PV-Freiflächenanlagen. Aber was steckt hinter dem nassen Trend?

Wie die Sonnenenergie baden geht

Bei der sogenannten Floating-PV werden also die Sonnenmodule und in den meisten Fällen auch die Wechselrichter auf Schwimmkörper montiert. Voraussetzung: Die Wasserfläche sollte dabei möglichst ruhig sein. Um ein Abtreiben zu verhindern, werden diese entweder am Ufer oder auch am Seegrund verankert. Die Anlage wird anschließend über – gegebenenfalls auch schwimmende – Stromleitungen mit dem Festland verbunden. Aus technologischer Sicht eine ziemlich spannende Entwicklung. Die Struktur der Wasseranlage ist im Prinzip aber kaum anders als jene auf dem Land. Und die Geheimzutat ist wie immer die Sonnenenergie.

Natürliche Kühlung als Erfolgsrezept bei Floating-PV

Auch Forscher*innen des US National Renewable Energy Laboratory (NREL) empfinden die Entwicklung der schwimmenden Anlagen sehr positiv: „Solche wasserbasierten Photovoltaiksysteme können in mehrfacher Hinsicht vorteilhaft sein. Das Wasser senkt die Betriebstemperaturen der Module“, so die US-Forscher. Und genau diese natürliche Abkühlung sorgt gemeinsam mit der prallen Sonneneinstrahlung für eine ziemlich anschauliche Stromausbeute. Die Zahlen des Solarforschungsinstituts Singapur sprechen dabei für sich: Das globale Potenzial für Stromerzeugung auf ruhigen Gewässern könnte bei bis zu 400.000 Megawatt liegen.

Und auch aus ökologischer Sicht wäre die Floating-PV eine Überlegung wert. Die Solarmodule schwimmen nur auf der Wasseroberfläche und stören somit keineswegs die darunterliegenden Wasserökosysteme. US-Forscher*innen zufolge führen die Wasseranlagen außerdem eindeutig zu einer Verminderung des Algenwachstums. Nicht schlecht, denn so ziemlich jede*r bevorzugt klares Wasser.

Ist Photovoltaik doch ein Nichtschwimmer?

Die Floating-PV kann also mit Umweltschutz und ziemlich guter Leistung überzeugen. Doch wie schaut es aus ökonomischer Sicht aus? Momentan sind die Installations- und Wartungskosten einer Floating-PV-Anlage deutlich höher als die einer Freiflächenanlage. Zwar blicken die Expert*innen einer preiswerteren Zukunft entgegen, dies könnte sich jedoch noch eine Weile hinziehen.

Und auch die bürokratische Vorbereitung kann sich zu einem langwierigen Prozess entwickeln. Denn welche Gewässer schlussendlich wirklich in Frage kommen, hängt unter anderem von den wasserrechtlichen Bestimmungen ab. Weiters müssen auch noch Nutzungsrechte Dritter am Gewässer berücksichtigt werden – wie etwa Fischereirechte oder Schifffahrtsrechte. Ziemlich kompliziertes Prozedere.

Eindeutig Land in Sicht

Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern findet Österreichs Energiezukunft ganz klar auf dem Land statt. Denn genau dort gibt es genügend Flächen, die sich perfekt für den Bau von PV-Anlagen eignen. Auch Photovoltaik-Experte Dipl. Ing. Hubert Fechner weiß über den Flächenkampf Bescheid: „Es liegt auf der Hand, dass Flächen mit einer geringen Wertigkeit für die Photovoltaik herangezogen werden. Und das sind natürlich jene Flächen neben Schnellstraßen, Autobahnen, Eisenbahntrassen und Hochgeschwindigkeitstraßen“. Und laut Fechner gibt es von den anderwärtig nicht wirklich verwendbaren Landflächen in Österreich jede Menge.

Würden Österreich jedoch irgendwann die geeigneten Sonnenflächen ausgehen, dann wäre die Umsetzung der Floating-PV eine realistische Überlegung. Aber zurzeit geht die grüne Energiegewinnung in der Alpenrepublik wohl noch nicht so schnell baden.

✅ TEXT: SANDRA RAINER
✅ FOTOS: ISTOCK/CHINAFACE