4. April 2023
Echt sauberer Bio-Sprit vom Solarpark

Angeblich grüne Agrokraftstoffe sollen CO2-Emissionen des Verkehrs reduzieren. Die dafür benötigten Pflanzen verbrauchen allerdings immense Anbauflächen. Die Lösung: Mit der Agro-Photovoltaik könnten auf der gleichen Fläche sauberer E-Fuel hergestellt und gleichzeitig Nahrungsmittel produziert werden.

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Das Auto. Die treibende Kraft der industriellen Revolution. Nach weit mehr als 100 Jahren, in denen sich Autos kontinuierlich weiterentwickelten, beginnt nun aber seit einiger Zeit eine ganze Branche, alte Konzepte über Bord zu werfen. Sauber soll die Autozukunft sein. Und schon bald ohne fossile Treibstoffe auskommen.

Und wer heute an der Zapfsäule tankt, tankt bereits nicht mehr nur fossilen Sprit. 2010 beschloss die EU, dass bis 2020 zehn Prozent der verwendeten Kraftstoffe in der Europäischen Union aus erneuerbaren Energien bestehen müssen. Das führte in den darauffolgenden Jahren zu einem echten Boom an Biokraftstoffen, die – je nach Mitgliedsstaat unterschiedlich viel – zu Benzin und Diesel beigemischt wurden. In Österreich waren es im Jahr 2020 etwa sechs Prozent. Die Hoffnung: den Verkehr mithilfe des Biokraftstoffs klimafreundlicher zu gestalten. Schließlich wachsen die Energiepflanzen, aus denen dieser Kraftstoff hergestellt wird, im Gegensatz zu endlichen Ölvorkommen nach und emittieren beim Verbrennen nicht mehr CO2, als sie während ihrer Wachstumsphase aufgenommen haben.

Grüner Tank ist nicht gleich grüner Tank

Klingt doch gut. Großes Aber: Obwohl die Pflanzen während des Wachstums Kohlendioxid binden, ist deren Anbau mit immensem Flächenverbrauch und hohen Klimakosten verbunden. Dieser Bio-Sprit wird demnach aus Pflanzen gewonnen, die auf Flächen wachsen, wo früher Wald oder andere ökologisch wertvolle Landschaften stehen konnten. Das Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (Ifeu) hat im Auftrag der Umweltorganisation Transport and Environment berechnet, dass die derzeit in der EU und dem Vereinigten Königreich verwendeten Biokraftstoffe eine Anbaufläche von 9,6 Millionen Hektar beanspruchen – also mehr als die Fläche von Irland. Auf dieser Fläche könnte laut dem Bericht genug Weizen wachsen, um 120 Millionen Menschen zu ernähren.

Bio-Sprit vom Solarpark als Lösung?

Laut Expertinnen und Experten sollen freigewordene Flächen besser für die Installation von Photovoltaik herangezogen werden. Diese sei flächenmäßig effizienter als der Anbau von Energiepflanzen – das mache sich vor allem bei der Agrophotovoltaik bemerkbar, bei der nachhaltige Stromproduktion mit Landwirtschaft kombiniert wird.

Bio-Sprit vom Solarpark

Bio-Sprit vom Solarpark: Bei der Agrophotovoltaik könnte die gleiche Menge an Energie auf rund 40-mal weniger Fläche produzieren, als es bei Agrokraftstoffen der Fall wäre.

Diese könnte jedenfalls die gleiche Menge an Energie auf rund 40-mal weniger Fläche produzieren, als es beiAgrokraftstoffen der Fall wäre. Der Rest der Fläche könnte entweder wieder aufgeforstet oder der Natur überlassen werden. Bei diesem Vorgehen könnten die Artenvielfalt bewahrt, aber auch 64 Millionen Tonnen CO2 aus der Atmosphäre aufgenommen werden. Das wäre laut offiziellen Zahlen doppelt so viel wie Biotreibstoffe derzeit gegenüber fossilem Sprit einsparen.

Echt nachhaltiger E-Fuel

Überschüssiger Solarstrom könnte weitergehend auch für die Herstellung von sogenannten E-Fuels genutzt werden. Zur Erklärung: Unter dem Sammelbegriff E-Fuels versteht man alle Arten von Kraftstoffen, die mit Hilfe von erneuerbaren Energien synthetisch hergestellt werden. Dieser flüssige Kraft- und Brennstoff lässt sich als Beimengung in Benzin, Diesel oder Heizöl oder auch als reiner klimaneutraler Kraft- und Brennstoff nutzen. Autos, die mit E-Fuel betrieben werden, setzen im Gegensatz zu herkömmlichen Kraft- und Brennstoffen kein zusätzliches CO2frei, sondern sind in der Gesamtbilanz klimaneutral.

Wann und ob sich eine entsprechende Antriebstechnologie allerdings durchsetzen wird, ist aus heutiger Sicht noch offen. Die vergangenen 50 Jahre waren in der europäischen Fahrzeugindustrie jedenfalls geprägt von der laufenden Steigerung der Effizienz der Antriebstechnik und damit einhergehend der Reduktion von emittierten Schadstoffen. Was aber bereits heute feststeht: Echt sauber sind Autofahrer:innen nur dann unterwegs, wenn die Herstellung des E-Fuels mit 100 Prozent Grünstrom erfolgt. Und genau das ist beim Bio-Sprit vom Solarpark eben der Fall.

✅ TEXT: SANDRA RAINER
✅ FOTOS: UNSPLASH I Michael Marais; iStock I ollo