18. April 2023
Wenn die Seilbahn zum Solarkraftwerk wird

Ein österreichisches Start-up hat einen Weg gefunden, bereits vorhandene Infrastruktur zur sauberen Stromerzeugung zu nutzen. Und verfrachtet Solarmodule und Windturbinen kurzerhand auf das Förderseil von Skiliften.

Wenn die Seilbahn zum Solarkraftwerk wird- Image

Die Skisaison in den Alpen geht je nach Schneelage etwa von Oktober bis Ostern. Sprich: Skianzüge und -ausrüstung können nun getrost verstaut werden. Skilifte in den beliebten Wintersportregionen des Landes stehen in den nächsten Monaten also wieder still. Geht es nach dem heimischen Unternehmen BergWind, sollen Schlepplifte, Sessellifte und Seilbahnen sich in dieser ruhigen Zeit als Solar- und Windkraftwerke entpuppen. Neben dem Beitrag zum Klimaschutz soll so auch die wirtschaftliche Nutzung von Seilbahnen gesteigert werden.

Vorhandenes Potenzial sinnvoll nutzen

„Beim Ausbau erneuerbarer Energien werden in Zukunft die Flächen knapp werden, deswegen habe ich nach oben geschaut“, sagt Ibrahim Sagerer-Foric, der Gründer von BergWind, gegenüber dem Online-Magazin Futurezone zu den innovativen Grünstromerzeugern. Und weiter: „Österreich besteht zu zwei Dritteln aus Bergen und es gibt eine Menge Seilbahnen. Die meiste Zeit im Jahr werden die nicht genutzt.“

Das Unternehmen hat jedenfalls eigene BergWind-Windturbinen und -Solarmodule entwickelt, die auf den Förderseilen von Sesselliften und Seilbahnen montiert werden sollen. Anstelle von Skiliften sollen also Windturbinen oder Photovoltaikmodule an den Seilen hängen – natürlich nur dann, wenn die Anlagen außer Betrieb sind. Ein Mehraufwand für die Skiliftbetreiber:innen sei laut dem Start-up nicht gegeben. Schließlich soll die Aufrüstung auf BergWind-Turbinen oder BergSun-Module ganz ohne Umbauten an der eigentlichen Anlage erfolgen.

So soll es funktionieren:

Solar- oder Windmodule können an der Bodenstation in das Seil eingeklinkt werden. „Die Montage passiert dabei in komfortabler Höhe, ohne Kräne, ohne Bau von Stahl/Betonfundamenten und Türmen“, heißt es in der offiziellen Projektbeschreibung. Mit der Seilbahn werden die Stromerzeuger weitergehend auf die gewünschte Höhe und Position gebracht. Der Seilbahnmotor würde nach erfolgtem Auffädeln freilich stillstehen.

BergWind

In Attersee am Attersee hängt bereits seit dem 10. März 2023 die weltweit erste BergWind-Turbine.

Das Beste: Mehrere Module unterschiedlicher Bauart können parallel auf einer Seilbahn installiert werden. Der produzierte Strom wird laut Unternehmen mittels Schleppkabel transportiert und ins Netz eingespeist. „Der erzeugte Strom kann dann entweder für den Eigenverbrauch, für Gemeinden, als Blackout-Sicherung oder zum Einspeisen ins Netz verwendet werden“, erklärt das Unternehmen.

Perfekte Voraussetzung

Die installierten Solar- und Windmodule sollen in der wärmeren Jahreszeit fleißig Grünstrom produzieren. Der Standort erweist sich dabei als ideal. Schließlich bieten Berge ein hohes Potenzial für Windenergie – dort bläst der Wind oft ziemlich kräftig. In großen Höhen mit wenig Vegetation sollen vor allem Windräder auf das Förderseil aufgefädelt werden. Weiter unten, dort wo Skipisten flachere Auslaufzonen zu Liften haben und weniger Wind weht, seien Photovoltaikmodule angedacht.

Erster Prototyp

Nun stellt sich einem die Frage, ob bereits diese Sommersaison zur grünen Energieproduktion genutzt werden kann. Gute Nachrichten: In Attersee am Attersee hängt bereits seit dem 10. März 2023 die weltweit erste BergWind-Turbine. Schon bald sollen auch weitere Praxistests mit mehreren Turbinen an einem Seil stattfinden, bei denen die Dynamik von mehreren parallel laufenden Kraftwerken analysiert werden soll. Wann und wo die ersten Solarmodule fleißig Sonnenstrom erzeugen sollen, ist bis dato noch nicht bekannt.

✅ TEXT: SANDRA RAINER
✅ FOTOS: UNSPLASH I Urban Sanden; BergWind