7. April 2022
Nun kommen Solarzellen aus dem Drucker
Nun kommen Solarzellen aus dem Drucker- Image

Was haben Schlüssel, Blumenvasen, Regale und Prothesen miteinander gemeinsam? Die Antwort: All diese Dinge kann man mit einem 3D-Drucker drucken. Klingt nach Zukunftsmusik? Ganz und gar nicht. Schließlich ist das Zeitalter der 3D-Drucker schon längst angebrochen. Genauer gesagt kommen heutzutage sogar Autos, oder noch besser ganze Häuser, aus dem Drucker. Mit diesen „gedruckten“ Produkten kann ein kostengünstigeres und einfacheres Prototyping erreicht werden kann, sodass besagte Prototypen fertig entwickelt rascher auf dem Markt erscheinen und verkauft werden können.

Gänzlich neu ist die Technik des 3D-Drucks natürlich nicht. Bereits in den 80er-Jahren fand er vor allem in der Flugzeug– und Automobilbranche Verwendung. Seitdem hat sich freilich einiges getan. Man könnte sogar so weit gehen und behaupten, dass die sogenannte additive Fertigung mit Bauteilen aus dem 3D-Drucker das Potenzial hat, die Weltwirtschaft umzukrempeln – und nun eben auch die Solarbranche. Wissenschafter*innen an der Friedrich-Alexander-Universität Nürnberg-Erlangen (FAU) tüfteln derzeit jedenfalls an einer Technologie zum 3D-Druck von Solarzellen. Richtig gehört: Der kleinste, aber wohl wichtigste Bestandteil jeder Photovoltaikanlage soll auf den Nanometer präzise aus dem Drucker kommen.

Bestandsaufnahme: Wie werden Solarzellen derzeit hergestellt?

Bisher wurden Photovoltaikhalbleiter, die in Solarzellen für den Stromfluss verantwortlich sind, zum größten Teil aus Silizium hergestellt. Diesen Rohstoff gibt es zwar wie Sand am Meer, das Herstellungsverfahren ist jedoch unflexibel und benötigt viel Energie. Denn: Silizium, wie es in der Natur vorkommt, ist nicht direkt zum Bau von Solarzellen geeignet. Zuerst muss der Rohstoff einige Arbeitsschritte durchlaufen.

Forscher*innen rund um den Globus arbeiten darum stets an umweltfreundlicheren Lösungen und Materialen, die zum Einsatz kommen sollen – nicht immer mit Erfolg. Schließlich zeigten sich neu hergestellte Solarzellen bisher weniger effizient als die aus konventioneller Herstellung. Grund dafür ist laut Expert*innen die auf Nano-Ebene unkontrollierte Oberflächenstruktur der Materialien. Genau diese Struktur will Prof. Dr. Julien Bachmann, Lehrstuhl für Chemistry of Thin Film Materials an der FAU, nun immer weiter verbessern. Und das soll ihm mit dem Einsatz eines innovativen 3D-Druckers auch gelingen. In einem früheren Projekt untersuchte er daher bereits, wie man die Oberflächenstruktur der Materialien gezielt geometrisch gestalten kann, um die Effizienz der Solarzellen zu steigern.

Auf den Millimeter genau

Um seine Erkenntnisse aus dieser Forschung nun auszutesten, verfolgt Bachmann einen besonderen Prototyping-Ansatz: Mit dem hochauflösenden 3D-Drucker, der auf 0,000001 Millimeter genau ist, will er rasch verschiedene Prototypen herstellen und herausfinden, bei welcher Oberflächengestaltung der Halbleiter am leistungsfähigsten ist – also genügend Sonnenenergie in Elektrizität umwandeln kann. Das Beste: Wenn nötig, können bei dieser Technologie unkompliziert Faktoren verändert werden, sodass mit minimalem Aufwand die perfekte Solarzelle kreiert werden kann – und das direkt vor Ort. Lange Transportwege gehören mit dieser Technologie also der Vergangenheit an.

Neuester Stand

Für den präzisen 3D-Druck hat das Team der Friedrich-Alexander-Universität den 3D-Druck in Atomlagen, kurz ALAM, entwickelt. Bei der herkömmlichen Herstellung von Solarzellen auf Siliziumbasis wird zuerst eine Grundform der Zelle hergestellt und anschließend überschüssiges Material abgetragen. Klingt doch eigentlich nach Materialverschwendung. Anders bei der neuen Technologie: Hier werden die notwendigen Halbleiter einfach direkt gedruckt. Das spart Material. Um bis auf 0,000001 Millimeter präzise zu drucken, werden kleine Atome einzeln von zusätzlich gestalteten Molekülen auf die Oberfläche geliefert und aufgetragen.

Test für gedruckte Solarzellen

Dieses vielversprechende Verfahren wollen die Forscher*innen nun für die Herstellung von Dünnschichtsolarzellen testen. Der Prototypdrucker soll dazu noch weiter optimiert und umgebaut werden. Dr. Julien Bachmann will dadurch flexibel unterschiedliche, für die Herstellung der Zelle wichtige Materialien aufeinander drucken.

Oberstes Ziel des Teams ist eindeutig die schnelle Entwicklung einer nachhaltigen und effizienten Alternative zu konventionellen Solarzellen. „Der normalgroße 3D-Druck hat die Herstellung und Weiterentwicklung von Prototypen in der Industrie revolutioniert. Die ALAM-Technik könnte eine solche Revolution auf Nanoebene bedeuten. Viel mehr Wirtschaftsakteur*innen könnten damit Teile und Geräte auf Mikro- und Nanoebene selbst herstellen“, erklärt Prof. Bachmann. Und wer weiß: Vielleicht drucken wir in ferner Zukunft sogar ganze Freiflächenanlagen! 🙂

✅ TEXT: Sandra Rainer
✅ FOTOS: UNSPLASH/Andres Siimon