24. Feber 2022
Oben Sonnenstrom, unten lebensnotwendiges Wasser

Mithilfe effektiver Solaranlagen saubere Energie erzeugen und gleichzeitig Gewässer vor dem Austrocknen schützen: Das ist die vielversprechende Idee von Wissenschafter*innen in Kalifornien. Dort sollen bis 2024 unzählige Bewässerungskanäle mit Solarpaneelen überdacht werden.

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Dort, wo jeder Strand traumhaft schön, das Lebensgefühl positiv und das Klima mild und sonnig ist – genau dorthin zieht es jedes Jahr unzählige Urlauber*innen. Die Rede ist freilich vom Sonnenstaat der USA: Kalifornien. Im Gegensatz zu Österreich erwarten einen dort sogar im Winter milde Temperaturen und viel Sonnenschein. Dass dieses Klima allerdings auch seine Kehrseiten hat, zeigen die immer wieder auftretenden Trockenheitsperioden und die daraus resultierende Wasserknappheit. Der Großteil des Regens und Schnees fällt übrigens im Norden, gebraucht wird das Wasser aber vor allem im trockenen Süden. Die Lösung: Unzählige Staudämme und lange Kanäle speichern das Wasser, sodass die Bevölkerung stets mit Trinkwasser und die landwirtschaftlichen Flächen mit dem unverzichtbaren Nass versorgt werden können. Aufgrund der anhaltenden Hitze drohen jedoch genau diese Kanäle auszutrocknen.

Dass Solaranlagen die vielversprechende Lösung gegen die starke Wasserverdunstung sein könnten, beweist eine Studie der University of California, Merced und der UC Santa Cruz aus dem Jahr 2021. Das Ergebnis: Die Montage von Solarmodulen über offenen Kanälen kann im Vergleich zu auf dem Boden montierten Solarsystemen sowohl zu Wasser- und Energie- als auch Kosteneinsparungen führen. Die Gewässer werden beschattet, was wiederum zu einem natürlichen Kühleffekt führt und weitergehend auch weniger Wasserverlust zur Folge hat.

Eine Studie zeigt die Machbarkeit

Die bereits im April 2021 veröffentlichte Studie zeigt, dass allein durch die Abdeckung von rund 4.000 Meilen – also rund 6.437 Kilometern – öffentlicher Wasserversorgungssysteme mit Solarzellen jährlich etwa 13 Gigawatt (GW) Energie erzeugt werden könnten. Das entspricht ungefähr einem Sechstel der derzeit installierten Kapazität des Staates. „Solarkanäle sind ein Beispiel für die Verbindung von Energie und Wasser, die zahlreiche Vorteile für die Nachhaltigkeit bietet“, erklärt Dr. Brandi L. McKuin, Hauptautorin der Studie. Und weiter: „Durch die Nutzung von Wasserkanälen für die Solarinfrastruktur wird Wasser gespart, während gleichzeitig erneuerbarer Strom erzeugt und die Umwandlung großer Landflächen für die Solarentwicklung vermieden wird.“ Wie sieht es nun aber mit der tatsächlichen Umsetzung dieser einzigartigen Solarkonstruktion aus?

Keine Träumerei, sondern schon bald Realität

Die guten Nachrichten: Schon ab diesem Herbst werden im San Joaqin Valley genau solche Solarpaneele über Bewässerungskanälen montiert. Neben dem Wasserversorger Turlock Irrigation District (TID) arbeiten das Department of Water Resources, die Firma Solar AquaGrid und die University of California an dem „Project Nexus“ genannten Vorhaben. Um den Einfluss der Anlage auf die Umgebung zu testen, werden zunächst nur einige offene Bewässerungskanäle in Stanislaus County mit der Technologie ausgestattet.

Wasser sparen, Sonnenenergie produzieren

Verläuft das Projekt erfolgreich, stehe einem weiteren Ausbau der Solarüberdachungen laut Expert*innen jedenfalls nichts im Weg. Kalifornien könnte von dem Grünstromerzeuger gleich mehrfach profitieren: Es werden Wasser eingespart, die Wasserqualität aufgrund der verringerten Ansiedelung von Wasserpflanzen verbessert und die gesetzten Klimaziele schneller erreicht. Schließlich setzten sich die Vereinigten Staaten erst vergangenes Jahr das Ziel, die Emissionen bis 2030 um 50 bis 52 Prozent unter das Niveau von 2005 zu senken.

Dass Entwickler*innen bei der Installation der Anlage allerdings mit einigen Herausforderungen zu kämpfen haben, liegt bei dem neuen Standort freilich auf der Hand. Zu beachten sei, dass die Kanäle auch weiterhin für Wartungsarbeiten zugänglich sein müssen. Die Konstellation der Anlage muss dahingehend also angepasst werden. Es werden Stützstrukturen benötigt, die die volle Breite der Kanäle überspannen können. Diese Strukturen können entweder durchgängig oder auch ohne Berührung der Kanalenden installiert werden – Pfeiler können dabei direkt in den Kanälen installiert und die Module darauf montiert werden.

Eine weitere Herausforderung sehen die Forscher*innen auch bei der Bereitstellung des Grünstroms. Dieser muss schließlich von oftmals spärlich besiedelten Gegenden in Ballungszentren gebracht werden. Aus diesem Grund konzentrieren sich die Forscher*innen auch auf das Thema Energiespeicherung. Bis 2024 soll Project Nexus an mehreren Standorten des TID-Versorgungsgebiets abgeschlossen sein.

Wir halten fest: Effektive Grünstromerzeuger sollen nun nicht nur mehr auf Dächer, Freiflächenanlagen oder Lärmschutzwänden, sondern schon bald auch über Wasserkanäle verfrachtet werden. Und würde nur ein Bruchteil der Kanäle im Golden State von Amerika derartig umgebaut werden, könnte die Umwelt bereits davon profitieren.

✅ TEXT: SANDRA RAINER
✅ FOTOS: Solar AquaGrid LLC