3. August 2021
Sonne und Wind: das grüne Erfolgsduo der Stromversorgung

Solar- oder Windenergie? Welche Art der Stromgewinnung kann die Klimawende schneller vorantreiben? Oder besser: Warum nicht einfach Windstrom produzieren und gleichzeitig auch Sonnenkraft tanken?

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Wenn es um Ökostrom geht, steht Österreich im EU-Vergleich ziemlich gut da. Diese Tatsache bekräftigt jedenfalls unser aktueller Strommix: Mit einem Bruttostromverbrauch von über 70 Prozent Grünstrom liegt Österreich laut aktuellen Zahlen von Eurostat ganz klar an der europäischen Spitze. Zum Vergleich: Im Jahr 2005 waren es lediglich 63 Prozent. Immer mehr Österreicherinnen und Österreicher beziehen Strom von heimischen Ökostromanbietern – oder sie werden sogar zu begeisterten SelbstversorgerInnen. Effektive Photovoltaikanlagen auf dem eigenen Hausdach schicken zum Beispiel sauberen Ökostrom durch das Netz. Die bedeutendste heimische Energiequelle ist jedoch die Wasserkraft – gefolgt von Wind- und Sonnenenergie.

Von genau diesen gingen in den letzten Monaten und Jahren gleich eine ganze Reihe effektiver Anlagen in Betrieb. Um die Klimawende zu stemmen, muss die Energieversorgung hierzulande aber noch nachhaltiger gestaltet werden. Es stellt sich nun also die Frage, welche forciert werden soll: Sonnen- oder Windenergie? Eines vorweg: Expertinnen und Experten sind sich einig, dass beide Energiequellen gleichermaßen gebraucht werden. Doch wohin mit den vielen Anlagen? Ein vielversprechender Lösungsansatz ist die Idee eines Kombikraftwerks. Sprich: Windenergie- und Freiflächenanlagen werden auf ein und derselben Fläche installiert. Die Kombination aus Wind- und Sonnenenergie soll Stromerträge erhöhen und gleichzeitig Kosten senken – so lautet zumindest der Plan. Es fügt sich also zusammen, was auch tatsächlich zusammengehört. Denn bereits in der Schulzeit lernten wir: kein Wind ohne Sonne.

Das Kraftwerk Erde

So wie ein Kraftwerk aus Brennstoff nutzbare Energie gewinnt, erzeugt das „Kraftwerk Erde“ aus Sonnenlicht Energie. Diese steckt sowohl in Wind und Wellen als auch in Meeresströmungen. Ohne Sonnenlicht wäre es auf der Erde nicht nur vollkommen dunkel, sondern auch windstill. Das einfallende Licht erwärmt verschiedene Regionen der Erde unterschiedlich stark. Diese Temperaturunterschiede sind dafür verantwortlich, dass in der Atmosphäre Luftbewegungen entstehen, die versuchen, diese Unterschiede auszugleichen. Und genau dabei entsteht Bewegungsenergie, die sich wiederum in Form von Wind zeigt.

Bei der Verwendung natürlicher Energiequellen wird immer öfter auf die Kraft der Sonne gesetzt. Vergleicht man aber die Leistungserzeugung von Solar- und Windkraftanlagen, so wird ein nahezu gegenläufiges Verhalten deutlich. Während Solaranlagen in den Nachtstunden sowie in Schlechtwetterperioden logischerweise kaum Strom liefern, laufen Windkraftanlagen zumeist gerade dann auf Hochtouren. Sprich: Wind- und Solarspitzen sind selten gleichzeitig. Was liegt also näher, beide Energiequellen miteinander zu kombinieren? Die daraus entstandenen Hybridlösungen sollen eine lückenlose Bereitstellung von Ökostrom gewährleisten.

Netzentlastung dank cleverer Kombination

Solar- und Windkraftanlagen ergänzen sich also besser als angenommen. Ein Kombikraftwerk könnte auf alle Fälle zu einer Netzentlastung beitragen. Die Anlagen produzieren schließlich zu unterschiedlichen Zeiten Strom und speisen gemeinsam gleichmäßiger Energie ins Netz ein – im Gegensatz zu reinen Solar- oder Windkraftwerken. Das wirkt sich wiederum positiv auf die Netzstabilität aus.

Stichwort: Stromspitzen. Während Windenergieanlagen also in den Wintermonaten durch größeres Windaufkommen besonders viel Strom produzieren, gleichen Solaranlagen die geringere Energieerzeugung der Windkraft im Sommer aus. Freilich kann auch der Angst des vermeintlichen Flächenfraßes entgegengewirkt werden. Schließlich werden die beiden Ökostromanlagen auf einer gemeinsamen Fläche installiert. Die Kombination von Windenergie und Freiflächenanlagen punktet jedenfalls mit attraktiver Stromausbeute bei geringem Flächenverbrauch.

Bereits im Vorjahr wurde von der WestfalenWIND-Gruppe im Kreis Paderborn die erste Photovoltaikanlage auf einer Kranstellfläche im Windpark errichtet.

Bereits im Vorjahr wurde von der WestfalenWIND-Gruppe im Kreis Paderborn die erste Photovoltaikanlage auf einer Kranstellfläche im Windpark errichtet.

Zu viel Schatten, zu wenig Sonne?

Je höher Windtürme sind, desto mehr Strom kann erzeugt werden. In luftiger Höhe können auch besonders ertragreiche Windströmungen erreicht und sehr effektiv in Energie umgewandelt werden. Doch was passiert an sonnigen Tagen? Dann werfen Windkraftanlagen wohl oder übel Schatten auf die darunterliegenden Solaranlagen. Dieser Schattenwurf macht sich mit starken Ertragseinbußen bemerkbar, oder? Nicht ganz. Verschattungsverluste fallen laut Expert*innen deutlich geringer aus als erwartet. Natürlich ist eine optimierte Anlagenplanung dafür Voraussetzung.

Erste Pilotprojekte zeigen Potenzial

Das Potenzial eines Kombikraftwerks scheint also groß zu sein. Dennoch sind Wind- und Sonnenenergie derzeit noch selten an einem Ort zu finden. Wie eine erfolgreiche Kombination der sauberen Energiequellen aussehen könnte, demonstrieren bereits erste Pilotprojekte. Im Mai 2020 nahm etwa WestfalenWIND die erste knapp 100 Kilowatt starke Photovoltaik-Anlage im Landkreis Paderborn technisch in Betrieb. Sie können sich wohl denken, wo sich diese befindet: genau, auf der geschotterten Kranstellfläche einer Windkraftanlage. Dort wurde eine 96,8 Kilowatt-Photovoltaik-Anlage installiert. Das Besondere: das patentierte Montagegestell von Smartvolt. Die Solarmodule sind bereits vormontiert und können ganz einfach vor Ort ausgeklappt werden.

Ursprünglich hat der Schweizer Montagegestellhersteller das System für Flachdächer entwickelt. Doch mit den Photovoltaik-Anlagen an den Windrädern tut sich nun eine vielversprechende Nische auf. „Der Aufbau lässt sich durch unseren patentierten Kranbalken in drei Minuten pro Kilowatt bewältigen, beim Abbau sind es etwa sechs Minuten“, präsentiert Werner Palm von der Smartvolt AG. Der Abbau der Photovoltaik-Anlage ist zum Beispiel dann erforderlich, wenn Stellflächen für Wartungsarbeiten der Windanlage gebraucht werden. Dies sei laut Expert*innen jedoch nur einmal in 20 Jahren erforderlich.

Jede fünfte bis achte Kranstellfläche ist geeignet

Weiterer Vorteil: Die technische Infrastruktur für den Anschluss der Freiflächenanlage ist dank Windkraftanlage schon vorhanden. Zudem kann bereits versiegelte Fläche sinnvoll genutzt werden. Der aktuelle Jahresertrag der Solaranlage liegt bei rund 85.000 Kilowattstunden. Also: Immer dann, wenn sich das Windrad nicht dreht, wird der Eigenstrombedarf mit Sonnenstrom gedeckt.

Freilich eignet sich nicht jede Kranstellfläche für die Installation eines Solarparks. Einschätzungen zufolge entpuppt sich jedoch jede fünfte bis achte Kranstellfläche tatsächlich als perfekter Standort für ein Kombikraftwerk. Der Turm des Windrades darf dabei nicht nach Süden ausgerichtet sein. Idealerweise werden die Photovoltaik-Anlagen in Ost-West-Richtung gebaut. Stichwort: Schattenwurf. Befürchtungen rund um Eiswurf von den Rotorblättern der Windräder seien nach bisherigen Erfahrungen unbegründet.

Auf eines, so wissen wir nun, ist immer Verlass: die Natur. Sie weiß ganz offensichtlich, was perfekt zusammenpasst!

✅ TEXT: SANDRA RAINER
✅ FOTOS: UNSPLASH / Karsten Würth ; WestfalenWIND