29. Juni 2021
Studie zeigt: Schwimmende Solaranlagen kurbeln Biodiversität an

Egal, ob Stausee, stillgelegte Braunkohle- und Sandgruben oder das offene Meer: Die Möglichkeiten, schwimmende Photovoltaikanlagen zu installieren, sind heutzutage groß. Doch wie sieht die Umweltbilanz der sogenannten Floating-PV tatsächlich aus?

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Darf man der derzeitigen Wettervorhersage Glauben schenken, so kommen wir auch in den nächsten Wochen ganz schön ins Schwitzen. Denn der Sommer dreht bereits voll auf und beschert uns eine Hitzewelle nach der anderen. Sommerlich hohe Temperaturen machen uns Menschen jedoch oft zu schaffen – der Umwelt ebenso. Schließlich sorgen langanhaltende Hitzeperioden für Dürre und Trockenheit. Immer öfter klagen Landwirtinnen und Landwirte über folgenschwere Ernteausfälle. Und vorerst scheint auch keine Abkühlung in Sicht zu sein: Denn laut Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) setzt sich diese Entwicklung mit sehr großer Wahrscheinlichkeit auch in den nächsten Jahrzehnten fort.

Klimakrise bereits spürbar?

Spielt bei Hitzewellen einfach nur das Wetter verrückt oder erleben wir tatsächlich weitere Anzeichen der Erderwärmung? „Der Klimawandel hat die Wahrscheinlichkeit der aktuellen Hitzewelle mehr als verdoppelt“, sagt Geert Jan van Oldenborgh, Forscher am Royal Netherlands Meteorological Institute. Der weltweit anhaltende Ausstoß von Treibhausgasen sorgt laut Forscher*innen auch weiterhin für extrem langanhaltende Hitzeperioden ohne nennenswerten Niederschlag.

Die langfristige und rasche Verminderung des CO2-Ausstoßes ist deswegen dringend notwendig. Dazu ist freilich eine nachhaltige Energielandschaft mit effektiven Grünstromanlagen erforderlich. Neben Sonnenpaneelen auf brachliegenden Flächen, Hausdächern, Lärmschutzwänden und Staumauern sorgen immer häufiger schwimmende Solaranlagen für saubere Energie. Der europäische Marktführer im Bereich Floating-PV, BayWa r.e., veröffentlichte erste Forschungsergebnisse von Studien zu den Umweltauswirkungen von schwimmenden Solarkraftwerken.

Erste Erkenntnisse äußerst positiv

Geht es um schwimmende Solarmodule, ist der Energielösungsanbieter BayWa r.e. ganz klar europäischer Vorreiter. Gemeinsam mit dem niederländischen Tochterunternehmen Groenleven arbeitet das Unternehmen bereits über einem Jahr mit der Hanze University of Applied Sciences Groningen und den Expert*innen des Forschungsbüros Buro Bakker/ATKB zusammen. Das gemeinsame Ziel: die Auswirkungen der im Wasser treibenden Anlagen auf die Umwelt zu erforschen. Dazu wurde die Bomhofsplas-Anlage in Zwolle in den Niederlanden, die im Februar 2020 installiert wurde, genauer unter die Lupe genommen. Eines vorweg: Floating-PV-Anlagen zeigen keinerlei negative Auswirkungen auf Wasserqualität, Biodiversität und Umwelt.

Floating-PV
Schwimmende Solaranlagen produzieren saubere Energie. Darüber hinaus sorgen sie auch dafür, dass sich die Ufervegetation erholen kann. 

Ganz im Gegenteil: Laut Forschungsbericht wird dank Floating-Anlage die Vegetation am Ufer geschützt und der dortige Pflanzenwuchs obendrein angeregt. Grund dafür ist das durch die installierten Paneele verursachte niedrigere Windaufkommen auf der Wasseroberfläche. Dieses führt zu einer geringeren Erosion am Ufer und folglich zur erfolgreichen Ansiedelung neuer Pflanzengattungen. Dass auch Insekten aller Art davon profitieren, liegt auf der Hand.

Wie sieht’s mit der Wasserqualität aus?

Bei der Floating-PV werden also Sonnenmodule und in den meisten Fällen auch Wechselrichter auf Schwimmkörper montiert – die Wasserfläche sollte dabei möglichst ruhig sein. Doch wie steht’s eigentlich um die Qualität des Wassers? Die erfreuliche Antwort: Der Sauerstoffgehalt hat sich laut Hanze University of Applied Sciences unter den Floating-PV-Modulen innerhalb eines Jahres nur minimal verändert. Achtung: Bei schwimmenden Anlagen muss stets darauf geachtet werden, dass auch während der Stromproduktion genügend Licht und Luft an die Wasseroberfläche gelangt. Spezielle Module und eine angepasste Bauweise des Systems sollen genau dafür sorgen. Die gemessenen Abweichungen in der aktuellen Studie sind auf die „wechselnden Wetterverhältnisse zurückzuführen“, geht zumindest aus dem Forschungsbericht hervor.

Langzeitstudie erforderlich

Es stellt sich auch die Frage, wie sich Schwimmkörper langfristig auf den darunter lebenden Fischbestand auswirken. Dazu wurden Schutzgitterkästen von Ecocean, sogenannte „Bio Huts“, mit Muscheln gefüllt und unter den schwimmenden Modulen befestigt. Das Ökosystem unter Wasser soll somit gestärkt und die Artenvielfalt gefördert werden. Eines muss man allerdings erwähnen: Um wirklich klare Aussagen treffen zu können, bedarf es mehrjähriger Untersuchungen.

Weltweiter Trend

Schwimmende Solaranlagen ermöglichen also, erneuerbare Energie auf dem Wasser zu erzeugen und „gleichzeitig den Lebensraum für die Tier- und Pflanzenwelt vor Ort zu verbessern“, sagt Dr. Benedikt Ortmann, Global Director of Solar Projects bei BayWa, über das Potenzial der Floating-PV. Deren Siegeszug begann aber nicht etwa in den Niederlanden, sondern im weit entfernten Kalifornien. Dort wurde bereits 2008 die erste schwimmende Anlage mit einer Leistung von 175 Kilowatt-Peak (kWp) in Betrieb genommen. Knapp zehn Jahre später sorgen Floating-PV-Anlagen mit einer weltweiten Gesamtleistung von etwa 2 Gigawatt (GW) für Grünstrom.

Die vermehrte Installation und Entwicklung neuer PV-Anlagen katapultierte den asiatischen Kontinent in den letzten Jahren ganz klar an die Weltspitze – allen voran China und Singapur. Doch auch Europa verfolgt die Absicht, weiter aufzuschließen. Derzeit wird etwa die größte Floating-Anlage auf einem ehemaligen Sandabbausee im Norden der Niederlande installiert. Und auch hierzulande tüfteln Forscherinnen und Forscher an zukunftsweisenden Technologien. Das österreichische Start-up Swimsol will künftig tropische Inseln, die bisher noch stark von fossilen Energien abhängig sind, mithilfe von schwimmenden Solarmodulen mit sauberem Strom versorgen. Laut Entwickler*innen seien die Paneele resistent gegen Salzwasser und sollen bis zu 30 Jahre lang halten.

Freiflächenanlagen treiben Energiewende an

Schwimmende Solaranlagen kommen aber nicht nur auf dem Meer, sondern eben auch auf Seen zum Einsatz – was diese Technologie wiederum auch für Österreich interessant macht. Doch im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern wird sich die heimische Energielandschaft auch in Zukunft mit Photovoltaik-Anlagen auf dem Land auszeichnen – vor allem mit zukunftsweisenden Freiflächenanlagen. Der Ausbau dieser Anlagen muss laut Expertinnen und Experten in den kommenden Jahren noch stärker forciert werden. Nur dann kann die Energiewende rasch vorangetrieben werden.

Auf dem Wasser treibende Solarparks bieten zurzeit vielfältige Möglichkeiten zur Doppelnutzung von wirtschaftlich genutzten Gewässern, etwa Stauseen oder Fischzuchtgewässer. Wie sich die im Wasser treibenden Kraftwerke langfristig auf Flora und Fauna auswirken, werden wir wohl erst in einigen Jahren erfahren. Bis dahin werden weltweit trotzdem noch einige Solaranlagen baden gehen.

✅ TEXT: SANDRA RAINER
✅ FOTOS: BAYWA R.E. ; UNSPLAHSH / HERSON RODRIGUEZ