13. Mai 2021
Das große Summen: Solarparks als echtes Bienenparadies

Photovoltaik-Freiflächenanlagen leisten nicht nur einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz, zusätzlich entpuppen sie sich als Wohlfühloase für die heimische Insektenwelt. Vor allem fleißige Bienenvölker fühlen sich in der Nähe von Grünstromerzeugern besonders wohl.

Das große Summen: Solarparks als echtes Bienenparadies- Image
Schwalben, Mönchsgrasmücken und Stare genießen die sonnenreichen Sommertage. Doch für eine Insektengruppe ist der Sommer die geschäftigste Zeit des Jahres. Die Rede ist von fleißigen Bienchen. Nach Monaten im dunklen Bienenstock geht es für diese nun Richtung saftig grüne Wiesen. Und es gibt viel zu tun: Schließlich werden im Frühsommer rund 80 Prozent aller Nutz- und Wildpflanzen von den Arbeiterbienen bestäubt. Sprich: Ohne die kleinen Brummer könnten wir die nächste Obst- und Gemüseernte schlichtweg vergessen.

Kurzer heimischer Bienencheck: Alleine hierzulande gibt es rund 700 verschiedene Arten. Die Population der Bienenvölker schrumpfte in den letzten Jahren jedoch dramatisch. Bereits die Hälfte der bei uns ansässigen Wildbienenarten ist vom Aussterben bedroht. Daher gilt: Die fleißigen Insekten müssen unbedingt geschützt werden. Genau aus diesem Grund setzen sich bereits seit Jahren zahlreiche nationale und internationale Projekte für den Artenschutz ein, darunter auch Projekte der heimischen Solarbranche. Denn saubere Stromerzeugung und Artenschutz lassen sich optimal unter einen Hut bringen.

Erholung für Flora und Fauna

Solarparks sorgen zwar für genügend Ökostrom, doch in der Regel gleichen sie eher einer ökologischen Wüste, oder? Stimmt nicht. Schließlich werden Anlagen immer häufiger zum Hotspot für unterschiedliche Tier- und Pflanzengattungen. Und das gelingt so: Aufgrund der Installation von Freiflächenanlagen, die von der Außenwelt gut abgeschirmt sind, können sich einstige Landwirtschaftsflächen schlichtweg erholen. Die Folge: Verdrängte Arten kehren zurück. Veröffentlichte Studien liefern dazu bereits erstaunliche Ergebnisse. Demnach bilden sich unter und zwischen effektiven Solaranlagen völlig neue Lebensräume. Ein ganz entscheidender Grund für die artenreiche Besiedelung von PV-Freiflächenanlagen ist die dauerhafte Pflege des Grünlandes in den Zwischenräumen der Modulreihen. Dann fühlen sich dort neu angesiedelten Pflanzen und Tiere wirklich wohl – eben auch die Gattung der Bienen.

Die Pflanzenmischung macht’s

Doch warum sind Solarfarmen vor allem für die Bienenzucht so attraktiv? Ein Team von WissenschafterInnen untersuchte dafür die Potenziale von Freiflächenanlagen in Bezug auf die Artenvielfalt der herzigen Bienchen. Demnach sollen vor allem wachsende Wildblumen unter den Reihen von Sonnenkollektoren bedrohte Bienenvölker vom Aussterben schützen. „Auf landwirtschaftlichen Flächen bieten Solarparks eine einzigartige Gelegenheit, Bestäuberressourcen dort bereitzustellen, wo sie am dringendsten benötigt werden“, bestätigt Hollie Blaydes von der Lancaster Universität. Unterschiedliche Wildkräuter und -pflanzen blühen in den Solarparks im natürlichen Jahreszeitenverlauf. Sprich: Bienen wird während der Flugsaison einfach immer ein ausreichendes Futterangebot geboten.

Bessere Bedingungen für Bienen nahe Freiflächenanlagen

Weiterer Vorteil der neuen Bienenheimat: Der Einsatz von Pestiziden ist bei Freiflächenanlagen freilich kein Thema – in der Landwirtschaft hingegen schon. Diese Giftstoffe finden jedenfalls bei der Bekämpfung von Unkraut oder tierischen Schädlingen Einsatz. Leider fallen genau diesen aber auch immer mehr Bienenvölker zum Opfer. In Solarparks sind Insekten vor genau solchen Chemikalien geschützt – was sich wiederum auch auf die Qualität des Honigs auswirkt. Das Beste: Bienen, die sich auf einer Solarfarm ansiedeln, fliegen gewiss auch umliegende Flächen an.  Bienenvölker einer PV-Anlage kümmern sich also auch in der Nachbarschaft um die Bestäubung von Obstbäumen.

Neben fleißigen Bienchen fühlen sich auch viele andere Insekten in der Nähe von Solarparks wohl. Tipp: Insektenhotels locken Marienkäfer und Co. an.

Neben fleißigen Bienchen fühlen sich auch viele andere Insekten in der Nähe von Solarparks wohl. Tipp: Insektenhotels locken Marienkäfer und Co. an.

Bienen sind innerhalb von Freiflächenanlagen überdies nicht nur vor Chemikalien geschützt, sondern auch vor Vandalismus, Diebstahl und Zerstörung. Schließlich stehen Bienenbeuten, so die fachgerechte Bezeichnung für die Behausung der kleinen Insekten, auf umzäunten und geschützten Freiflächen. Unter den Modulen fühlen sich übrigens nicht nur Bienen wohl: Mithilfe zusätzlich aufgestellter Insektenhotels können weitere Insektengruppen angesiedelt werden. Schmetterlinge, Marienkäfer und Hummeln sind stets gern gesehene Gäste.

Wiener „Solar-Bienen“

Wie solarer Artenschutz funktioniert, zeigte bereits ein heimisches Projekt in der Rosiwalgasse in Liesing. Dort befindet sich nicht nur Wiens größtes Bürgerkraftwerk, sondern seit 2016 auch ein ziemlich erfolgreiches Bienenschutzprogramm. Auf einer Fläche von zwei Fußballfeldern produzieren dort rund 4.000 Photovoltaikpaneele Naturstrom für knapp 400 Wiener Haushalte. Und rund eine Millionen Bienen sorgen Jahr für Jahr für knapp 100 Kilogramm süßen Honig. Der naturbelassene Lebensraum mit einer hohen Vielfalt an Blüten sorgt dafür, dass Bienen gesund und fit bleiben. Genau diese Vielfalt macht sich laut zuständigem Imker auch beim Geschmack des Honigs bemerkbar.

Viel mehr als nur sauberer Strom

Freiflächenanlagen und Bienen: Ein echtes Dream-Team. Solarparks leisten also viel mehr, als nur umweltfreundlichen Strom zu erzeugen. Aufgrund der Mehrfachnutzung werden neue Lebensräume geschaffen, die zweifellos eine weitreichende Wirkung für angrenzende landwirtschaftliche Nutzflächen aufweisen. Unsere Devise für die kommenden Woche lautet jedenfalls: Augen und Ohren aufhalten. Schließlich kann jedes Summen und Brummen tatsächlich ein Anzeichen für einen naheliegenden Solarpark sein.

✅ TEXT: SANDRA RAINER
✅ FOTOS: ISTOCK/DIYANADIMITROVA ; UNSPLASH/MIKA BAUMEISTER