21. März 2023
Wie Solaranlagen karge Wüsten neu beleben sollen

An Sonneneinstrahlung mangelt es in Wüsten selten, Wasser sucht man allerdings umso häufiger. Das innovative Projekt Cosmotaics soll nun beide Faktoren miteinander kombinieren und mithilfe hochmoderner Solarparks in Wüstengebieten Grünstrom erzeugen und über Kondensation zugleich Wasser gewinnen.

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Kann einer der lebensfeindlichsten Orte der Welt zum solaren Energie-Hotspot werden? Ein Ort ohne Regen, Flüsse oder Seen? Geht es nach Cosmotaics, den Gewinnern des Social Impact Award (SIA) Österreich 2022, lautet die Antwort definitiv: ja. Die Studierenden aus Wien präsentieren einen ganzheitlichen Ansatz, um die Wüsten zu begrünen und Solarparks groß zu machen.

Ein spezielles Vorhaben

Mit ihrem Lösungsansatz denken die Studierenden Photovoltaikanlagen für Trockengebiete radikal neu. Sie verwandeln Solarfarmen in Wüsten zu echten Wasserfarmen. Das Potenzial ist jedenfalls riesig: Über ein Drittel der Erdoberfläche sind Trockengebiete, wobei der jährliche Niederschlag geringer als die potenzielle Verdunstung ist. Genau diese Regionen hat das Team von Cosmotaics im Blick. Die entworfenen Anlagen entziehen der Umgebungsluft Feuchtigkeit, die an den speziell geformten und beschichteten Bauelementen kondensiert. Je größer die Oberfläche der Anlage, desto mehr Wasser kann gesammelt werden.

Das gewonnene Wasser soll in Trockengebieten weitergehend in die Böden sickern, sodass die Wurzeln der Pflanzen mit Flüssigkeit versorgt werden. Das Beste: Den Studierenden zufolge können in der Wüste wachsende Pflanzen jedenfalls 150 Megatonnen CO2 binden. Mithilfe innovativer Grünstromerzeuger soll Wasser natürlich auch für landwirtschaftliche Aktivitäten und die Bewohner:innen der Gegend bereitgestellt werden. Ein optimaler Nebeneffekt: Die Solarmodule bleiben dank der Kondensation stets frei von Wüstenstaub. Das wiederum wirkt sich positiv auf die Leistung der gesamten Anlage aus.

Die Luft einfangen

Inspiriert wurde das Forschungsteam bei der Entwicklung des Projekts von sogenannten „Nebelnetzen“ an Bergkämmen, die Wasser aus der vorbeiziehenden Luft sammeln. In Peru etwa sorgt ein solches Pilotprojekt für Aufsehen. Hier drückt Wind feuchte Luft durch die Netze der installierten Kollektoren. Der Nebel kondensiert und kleine Wassertropfen fließen aus den Netzen in Sammelkanäle, die direkt mit dem Wasserversorgungssystem verbunden sind. Der kondensierte Nebel hat Trinkwasserqualität. Für groß skalierte Anlagen in ebenen Wüstengebieten ist die Idee neu.

Cosmotaics

Inspiriert wurde das Forschungsteam von Cosmotaics bei der Entwicklung des Projekts von sogenannten „Nebelnetzen“ an Bergkämmen, die Wasser aus der vorbeiziehenden Luft sammeln.

Ein Update für Wüsten-Solaranlagen

Ganz unbekannt ist die Idee mit dem Wüstenstrom jedenfalls nicht. In den vergangenen Jahren haben zahlreiche Forschungsteams mögliche zukünftige Wüstensolaranlagen genau unter die Lupe genommen und Ideen auch in ernsthafte Pläne umgesetzt. Doch steht den endlosen Weiten der Wüstenlandschaft tatsächlich ein unfassbares Upgrade zum Energielieferanten bevor? Es liegt auf alle Fälle auf der Hand, denn nirgends auf der Welt scheint die Sonne so stark und verlässlich wie etwa in der Sahara. Der perfekte Ort also, um Solaranlagen im großen Stil anzudenken. Gut zu wissen: Mit einer gut strukturierten Solartechnologie könnte die Sahara das gut 7000-fache des Energiebedarfs in Europa decken. Und das auch noch fast ohne CO2-Emissionen. Eine ganz schön heiße Sache also!

Was bereits geschah

Eine heiße Sache, die sich vor allem die 2009 gegründete Desertec Industrie-Initiative – kurz Dii – genau angesehen hat und weitergehend auch vielversprechende Lösungen präsentierte. Sie arbeitete mehrere Jahre an der tatsächlichen Umsetzung eines Solarprojekts. Das Ziel: Wüstenstrom zu erzeugen und diesen mittels Leitungen nach Europa zu transportieren. Politische, kommerzielle und soziale Probleme verhinderten allerdings die tatsächliche Umsetzung des Projekts. Also: Aus der Traum von einem echt grünen Wüstentraum? Nicht ganz. Die Wiener Studierenden machen jedenfalls Hoffnung, dass dieser vielleicht doch noch in Erfüllung geht.

✅ TEXT: SANDRA RAINER
✅ FOTOS: UNSPLASH I JOHN FOWLER; Peter Trautwein