13. Mai 2021
Was passiert, wenn Grünstromerzeuger ausgedient haben?

Laut der Internationalen Organisation für erneuerbare Energien werden bis 2050 weltweit zwischen 60 und 78 Millionen Tonnen Photovoltaikmüll anfallen. Ein optimierter Recyclingprozess soll ausgedienten Anlagen allerdings neues Leben einhauchen.

Was passiert, wenn Grünstromerzeuger ausgedient haben?- Image

Laut der Internationalen Organisation für erneuerbare Energien werden bis 2050 weltweit zwischen 60 und 78 Millionen Tonnen Photovoltaikmüll anfallen. Ein optimierter Recyclingprozess soll ausgedienten Anlagen allerdings neues Leben einhauchen.

Rund um die Jahrtausendwende startete der Siegeszug der Solarenergie in Österreich. Seitdem erobern immer mehr effektive Anlagen heimische Dächer und Wiesen. Die durchschnittliche Lebensdauer der Grünstromerzeuger liegt mittlerweile bei rund 25 bis 30 Jahren. Sprich: Solaranlagen aus der Zeit des ersten Solar-Booms kommen in den nächsten Jahren wohl langsam ans Ende ihrer Lebenszeit.

Und dann? Rein physikalisch spricht zwar nichts gegen eine Weiternutzung der Solaranlage, dennoch muss im Laufe der Jahre mit einem Rückgang des Stromertrags gerechnet werden. Dabei spielen vor allem die Solarzellen eine bedeutende Rolle. Genauer gesagt sorgen alternde Zellen für einen Leistungsabfall von ungefähr 0,5 Prozent pro Jahr. Logischer Schluss: Anlagenbesitzer*innen steigen irgendwannauf neuwertige, effizientere Produkte um. Doch wohin mit den ausgedienten Modulen? Wie steht es um das Thema Photovoltaik-Recycling? Gibt es eine Möglichkeit, diese umweltfreundlich zu recyceln? Oder landen ausrangierte Solaranlagen am Ende ihrer Laufzeit geradewegs auf einem Berg voller Solarschrott?

Immer mehr Solarmüll

Wie wichtig ein gut organisiertes Entsorgungs- und Recyclingsystem ist, verdeutlichen folgende Zahlen der Internationalen Organisation für erneuerbare Energien (Irena). Laut dieser sollen bis 2025 knapp 100.000 Tonnen Solarschrott anfallen. Bis 2030 soll die Müllmenge gar auf rund 400.000 Tonnen wachsen. Die gute Nachricht dabei: Expert*innen sind sich längst einig, dass nahezu jeder Bestandteil einer Anlage wertvoll ist und nach dem Ablauf der Lebensdauer separat in den Stoffkreislauf zurückgeführt werden, also wiederverwendet werden, kann. Das bedeutet aber auch, dass Photovoltaik erst dann wirklich nachhaltig wird, wenn genau das auch tatsächlich passiert.

Die gesetzlichen Bestimmungen

Mit dem Thema Photovoltaik-Recycling hat sich auch das Europäische Parlament beschäftigt. Gemäß EU-Richtlinien zum Recycling von Elektroschrott, besser bekannt unter dem Kürzel WEEE, müssen 85 Prozent aller verkauften Module von den Hersteller*innen wieder eingesammelt werden. Insgesamt 80 Prozent der Module müssen dabei jedenfalls recycelt werden. Dazu sieht die WEEE ein Sammelstellensystem vor, das die getrennte Sammlung von Photovoltaik-Modulen und anderem Elektroschrott ermöglicht. Verantwortlich für den Aufbau der Photovoltaik-Recyclingsysteme und die Einhaltung der Recyclingquote sind die Hersteller*innen selbst.

Recycling Photovoltaik
Hersteller*innen selbst sind für einen optimalen Recycling-Prozess verantwortlich.

Stichwort: Hersteller*innenverantwortung. Seit Juli 2014 gehören auch Photovoltaik-Module zum Geltungsbereich der österreichische Elektroaltgeräteverordnung (EAG-VO). Eine Entsorgung der Module ist laut Gesetz verpflichtend. Dafür verantwortlich sind Hersteller*innen, Importeur*innen oder Händler*innen effektiver Anlagen. Diese müssen Module, die nach dem 30. Juni 2014 installiert wurden, unentgeltlich zurücknehmen. Haben sie bereits vor dem 1. Juli 2014 PV-Module in Österreich vertrieben, müssen Solar-Unternehmen ältere Module ebenfalls unentgeltlich zurücknehmen, falls sie diese durch neue Module ersetzen.

Photovoltaik-Recycling sorgt für Nachhaltigkeit bis zum Ende

Für einen umweltgerechten Recyclingprozess setzen sich Forscher*innen des österreichischen Leitprojektes „Nachhaltige Photovoltaik – PVRe2“ ein. Zwar enthalten Module wenig oder gar keine Materialien, deren Behandlung in der Recyclingwirtschaft unbekannt oder besonders problematisch wären, dennoch gehen laut Expert*innen viele wertvolle Stoffe bei derzeitig eingesetzten Recyclingmethoden verloren – sie landen einfach in der Müllverbrennungsanlage. Das Potenzial ist jedenfalls groß. Schließlich lassen sich etwa 95 Prozent aller verbrauchten Materialien einer Solaranlage wiederverwerten. Zum Vergleich: Nur knapp 75 Prozent eines Autos können nachhaltig recycelt werden.

Wertvolle Bestandteile

Ein optimaler Recyclingprozess beginnt bei der schichtweisen Trennung einzelner Komponenten einer Solaranlage, angefangen bei der äußersten Schicht, dem Photovoltaikglas. Dieses schützt die darunter liegenden Solarzellen vor äußeren Widrigkeiten, wie Schnee oder Hagel – und es lässt sich perfekt wiederverwerten. Bisher wurden nicht mehr funktionstüchtige Module automatisch zerkleinert. Das enthaltene Glas wurde dabei abgeschieden und auf konventionellem Weg wiederverwertet: Es wurde bzw. wird mit recyceltem Flaschen- und Fensterglas vermischt. Forscher*innen sind sich jedoch einig, dass Modulglas ein sehr hochwertiges Produkt ist. Der Recyclingprozess muss also verbessert werden. Denkbar wäre etwa eine Weiterverwendung im ganzen Stück, beispielsweise als Element von Gewächshäusern.

Ein Blick in das Modul

Hinter der Photovoltaik-Glasfront steckt aber noch viel mehr – und zwar der kleinste Bestandteil eines Moduls, die Solarzelle. Diese ist in Kunststoff eingebettet und muss vor der Weiterverarbeitung erst sauber abgetrennt werden. Solarzellen bestehen aus mehreren hundert Gramm Silizium, dazu einigen Gramm Blei, Zink, Zinn und mitunter auch geringen Mengen Silber. Jeder dieser Rohstoffe kann erfolgreich in den Wiederverwertungskreislauf eingebracht werden. Der Fokus liegt dabei naturgemäß auf besonders wertvollen Rohstoffen mit knappen Ressourcen – wie etwa Indium. Nach Einschätzung von Forscher*innen könnte Indium bis 2035 komplett aufgebraucht sein. Weil bis heute kein Ersatz für dieses Material gefunden wurde, ist es umso wichtiger, wertvolles Indium komplett wiederzuverwerten.

Besondere Vorsicht ist jedoch bei problematischen Stoffen, wie Blei oder Cadmium, geboten. Schließlich handelt es sich dabei um gesundheitsschädliche Schwermetalle. Gelangen diese Schadstoffe in die Umwelt, kann dies schwerwiegende Folgen für Mensch und Natur haben. Aber keine Sorge: Laut Expert*innen können auch diese Stoffe mittlerweile gut recycelt werden. Vorausgesetzt, die Module werden sachgemäß entsorgt oder deponiert.

Fazit:

Expert*innen sind sich einig: Das Voranbringen einer optimalen Kreislaufwirtschaft ist genauso wichtig wie das Voranbringen der Energiewende. Wie wichtig eine nachhaltige Entsorgung alter Solaranlagen ist, wird sich wohl erst in den nächsten Jahren zeigen – wenn die Mengen an ausgedienten Photovoltaik-Modulen immer weiter ansteigen. Und das Thema Recycling folglich in der Photovoltaik-Branche an Bedeutung gewinnt. Mit dem Wissen um die Recyclingfähigkeit von alten Solarmodulen können wir aber beruhigt auf die kommenden Jahre blicken.

✅ TEXT: SANDRA RAINER
✅ FOTOS: UNSPLASH / ASIA CHANG ; UNSPLASH / RICARDO GOMEZ ANGEL